Seit 2023 zweitveröffentlichen wir als Fachinformationsdienst auf unserem Fachrepositorium CompaRe die Beiträge des Germersheimer Übersetzerlexikons (UeLEX) und machen diese damit dauerhaft verfügbar. Mittlerweile sind dort bereits über 100 Beiträge zugänglich. Das Überschreiten dieser symbolischen Grenzmarke nehmen wir nun als Anlass für eine Kurzvorstellung des UeLEX in unserem Blog. Wer könnte einen besseren Einblick in das Projekt geben als der UeLEX-Mitherausgeber Andreas F. Kelletat?
Das Germersheimer Übersetzerlexikon : ein translationshistorisch sammelbiographisches Forschungs- und Editionsprojekt
Es gibt viele Schriftsteller-Lexika, Philosophen-Lexika, Komponisten-Lexika, Künstler-Lexika und sogar ein dreibändiges Internationales Germanisten-Lexikon. Ein Übersetzer-Lexikon indes existierte für den deutschen Sprachraum bisher nicht. Warum eigentlich nicht? Sind die Übersetzer für die deutsche Literatur- und Kulturgeschichte weniger wichtig als Germanisten?
Die Literaturen der Welt kennen selbst die Komparatisten fast ausschließlich aus Übersetzungen. Denn wer schon dürfte von sich behaupten, alles oder zumindest vieles im jeweiligen Urtext lesen zu können? Das gut 3000 Jahre alte Gilgamesch-Epos oder die Hexameter-Gesänge Homers, die altfranzösischen Ritterromane oder ihre mittelhochdeutschen "Retextualisierungen", die arabischen Erzählungen aus 1001 Nacht, Dantes Divina Commedia, die Romane von Cervantes, Laurence Sterne, Flaubert, Alexis Kivi, Dostojewski, Sienkiewicz, Hamsun, Sillanpää, Kosztolány, Kazantzakis, Mahfus, Mishima, Salman Rushdie, Saramago oder Orhan Pamuk?
Wem verdanken wir die Kenntnis dieser Texte? Zuallererst den Übersetzern. Und was wissen wir von ihnen? In seltenen Fällen merken wir uns die Namen, ausgenommen (für das Deutsche) die von Dichter-Übersetzern wie Voß, A.W. Schlegel, Rilke, Bachmann, Celan oder Thomas Kling. Unsere eklatante Wissenslücke im Bereich der Literatur- und Kulturgeschichte des Übersetzens wird das derzeit entstehende digitale und online frei zugängliche Germersheimer Übersetzerlexikon (www.uelex.de) schließen. In ihm werden "Übersetzerporträts" samt Bibliographien veröffentlicht. Es handelt sich um das erste deutsche Übersetzerlexikon überhaupt. Die sehr aufwändige und nur in breiter interdisziplinärer und internationaler Kooperation zu bewältigende Forschungsarbeit schafft die Grundlage für die einst zu schreibende germanistisch-komparatistische Literatur- und Kulturgeschichte des Übersetzens von den Tagen Luthers bis heute.
Im UeLEX werden neben teilweise sehr umfangreichen, auf Grundforschung basierenden "Übersetzerporträts" und kürzeren "Biogrammen" auch sogenannte "Prosopogramme" veröffentlicht, Kurzdarstellungen einzelner Übersetzerinnen und Übersetzer, zu deren Leben und translatorischem Œuvre sich die Redaktion ausführlichere Beiträge erhofft. Informationen zur Mitarbeit an dem Projekt finden sich in der Rubrik Mitmachen (https://uelex.de/mitmachen/).
von Andreas F. Kelletat