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Büchners Bühnen - Jahrestagung der Büchner-Gesellschaft, Frankfurt a. M. (01.04.2023)

Beginn
23.11.2023
Ende
25.11.2023
Deadline Abstract
01.04.2023

Büchners Bühnen
Jahrestagung der Büchner-Gesellschaft 2023
23.-25.11.2023, Frankfurt am Main

Konzeption: Roland Borgards, Esther Köhring

Eine Veranstaltung der Büchner-Gesellschaft und Forschungsstelle Georg Büchner sowie des Instituts für Deutsche Literatur und ihre Didaktik, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Theatralität ist ein zentrales Charakteristikum des Werks Georg Büchners – nicht nur seiner Dramen, sondern auch seiner anderen Texte: Das Theater ist für Büchner das zentrale Modell der ästhetischen, theoretischen und praktischen Bezugnahme auf die Welt (Greiner 2015). Theatralität und Bühnenhaftigkeit lassen sich deshalb in seinen Texten an einer Vielzahl von Elementen und in einer Vielzahl von Szenen beobachten: vom Öffnen der Vorhänge in einem Brief Büchners (Kling 2023) über die Kritik an der theatralen Gesellschaft im Hessischen Landboten (Franz 2013), weiter zu Tannenzweige schwenkenden Bauern und kostümierten Königen in Leonce und Lena (Berns 1987, Franz 2016) bis zur „Rapräsentation“, mit der der Marktschreier in H1,1 den Woyzeck beginnt (Borgards 2016).

 

Die konstitutive Funktion dieser Elemente für Büchners Ästhetik, Epistemologie und Politik wurde entsprechend als implizite Theatertheorie (Eckert 2018) und Dramaturgie (Ruvio 2013) gefasst oder als Anatomisches Theater (Schanze 2007) bestimmt. Eine weitergehende Systematisierung dieser Beobachtungen und insbesondere ihre Fundierung in neueren Theorien der Bühne steht jedoch noch aus. Die Jahrestagung 2023 der Georg Büchner Gesellschaft schlägt vor, diesen Textbefund mit Theorien der Bühne aus Theaterwissenschaft (Denken der Bühne, Gabriel/Müller-Schöll 2019; Köhring 2023), Wissensgeschichte (Bühnen des Wissens, Schramm 2003) und Kulturwissenschaft (Display und Parergon, Grave et Al. 2018) in die Diskussion zu bringen.

Die titelgebenden „Büchners Bühnen“ sollen daher während der Jahrestagung nicht als außerliterarische Orte der Rezeption verstanden werden, sondern als konstitutiv für die Verfasstheit der Texte Büchners – als Gegenstand, Spielfeld und Herausforderung theaterwissenschaftlicher Theoriebildung wie auch der literaturwissenschaftlichen Büchner-Forschung.

Die Tagung will sich dem Verhältnis von Büchners Texten und dem Theater entsprechend nicht vorrangig rezeptionsgeschichtlich nähern, also mit Blick auf die Frage, wie die Texte auf die Bühne gebracht wurden und werden. Vielmehr soll es zunächst darum gehen, die Bühnen der Texte, ihre theatrale Verfasstheit, ihre Dramaturgie, Theatralität und Performativität, ihr Spiel mit Räumen, Perspektiven, Rahmungen, mit Theater im Theater in Einzeluntersuchungen und systematischen Entwürfen als Ausgangspunkt der Analyse zu nehmen und mit Bezug auf neuere kultur- und theaterwissenschaftliche Theoriebildung („Bühnen des Wissens“, theatrale Rahmen, Parerga, (Meta-)Theatralität und Performativität von Text) nicht einfach als Motiv zu analysieren, sondern als ästhetische und epistemologische Struktur ernst zu nehmen.

Ausgehend von diesen neuen Impulsen soll dann in einem zweiten Schritt die etabliertere rezeptionsgeschichtliche Forschung wieder aufgenommen werden: Welche Aspekte machen die Büchner-Dramen relevant und herausfordernd für die Bühnen der Gegenwart, in ästhetischer, politischer, theoretischer Hinsicht? Und: Welche neuen Blicke auf die Konstitution der Büchner-Texte werden durch die Inszenierungspraxis möglich – in der Analyse aktueller Inszenierungen ebenso wie in theaterhistorischen Analysen? Die Tagung will in diesem Sinn die etablierte Forschung zur Rezeption von Büchners Texten durch das Theater aufgreifen und zugleich in Zusammenarbeit mit der Theaterwissenschaft neu fundieren und aktualisieren.

Auf der Jahrestagung der Georg Büchner Gesellschaft sollen diese Fragestellungen an Büchners Dramen, möglichst aber auch an seinen anderen Texten (insb. Flugschrift und Novelle, gerne auch Briefe und Naturwissenschaftliche Schriften) diskutiert werden. Zur Bewerbung aufgefordert sind Forschende aus der Theater- und Literaturwissenschaft, mit Beiträgen zu den theatralen Strukturen der Texte Büchners, zur Inszenierungs- und Wirkungsgeschichte sowie auch zur Ästhetik und Theorie aktueller Inszenierungen. Angestrebt wird auch der Austausch mit denjenigen, die mit Büchners Texten arbeiten, etwa als Schauspielende oder Regieführende. Neben Vortragsformaten sind explizit auch Formate künstlerischer Forschung und Lecture Performance zur Bewerbung aufgefordert. Die Veröffentlichung der Vorträge im Büchner Jahrbuch ist geplant.

Bitte senden Sie Ihre Beitragsvorschläge (max. 400 Wörter) und kurze biobibliographische Angaben zu Ihrer Person in einer Datei an koehring@lingua.uni-frankfurt.de und borgards@lingua.uni-frankfurt.de. Einsendeschluss für Abstracts ist der 01.04.2023.

  

Literatur

 

Berns, Jörg Jochen: „Zeremoniellkritik und Prinzensatire: Traditionen der politischen Ästhetik des Lustspiels ‚Leonce und Lena‘“. In: Barbara Neymeyr (Hg.): Georg Büchner: Leonce und Lena. Frankfurt am Main 1987, S. 219–274.

Borgards, Roland: „Performing species: Menschenpolitik und Tiertheorie im ‚Woyzeck‘ (H1,1; H1,2)“. In: Georg-Büchner-Jahrbuch 13. Berlin, Boston 2016. S. 257–274.

Eckert, Nora: „Büchners ungeschriebene Theatertheorie“. In: Sinn und Form 70 (2018), 6, S. 816–825.

Franz, Joachim: „Ein Programmzettel zum Theater der Mächtigen. Zur Kritik an herrschaftstragenden Inszenierungen im Hessischen Landboten“. In: Georg Büchner Jahrbuch 12. Berlin, Boston 2012.

Franz, Joachim: „‚Aber gehn Sie in’s Theater, ich rat’ es Ihnen‘. Zu Büchners Kritik an der theatralen Gesellschaft und ihrer Aktualität“. In: Georg-Büchner-Jahrbuch 13. Berlin, Boston 2016. S. 103–128.

Gabriel, Leon; Müller-Schöll, Nikolaus (Hg.): Das Denken der Bühne. Szenen zwischen Theater und Philosophie. Bielefeld 2019.

Grave, Johannes; Holm, Christiane; Kobi, Valérie; Eck, Caroline van (Hg.): The Agency of Display. Objects, Framings and Parerga. Dresden 2018.

Greiner, Bernhard: „Theater“. In: Roland Borgards, Harald Neumeyer (Hg.): Büchner-Handbuch: Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart 2015, S. 267–273.

Kling, Alexander: „Vorhang auf! Dinge, Theater und Politik – zu einer Anekdote in Büchners Briefen". In: Georg-Büchner-Jahrbuch 15. Berlin, Boston 2023. S. 3–26.

Köhring, Esther: Tiere auf Bühnen des Wissens. Erscheint Berlin 2023.

Ruvio, Dino Gaspare: Dramaturgie als Geometrie. Schau-Spiele Georg Büchners. Bonn (Diss.) 2013.

Schanze, Helmut: „Anatomisches Theater bei Georg Büchner oder Das Seziermesser des Dichters“. In: Dieter Sevin (Hg.): Georg Büchner: neue Perspektiven zur internationalen Rezeption. Berlin 2007, S. 261–272.

Schramm, Helmar (Hg.): Bühnen des Wissens: Interferenzen zwischen Wissenschaft und Kunst. Berlin 2003.

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur aus Deutschland/Österreich/Schweiz, Rezeptionsästhetik, Poetik, Gattungspoetik, Drama allgemein, Ästhetik, Literatur des 19. Jahrhunderts

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Goethe-Universität Frankfurt am Main
Datum der Veröffentlichung: 24.02.2023
Letzte Änderung: 24.02.2023