Gender und Diversität in den Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit, Würzburg
Gender und Diversität in den Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit
Das SPP 2130 ‚Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit‘ lädt zu seiner 5. Jahreskonferenz ein, die 13.–15. September 2023 in Würzburg im Burkardushaus in Präsenz stattfindet. Für Krankheitsfälle oder Ähnliches besteht die Möglichkeit, einige der Vorträge via Zoom anzuhören. Interessierte sind herzlich eingeladen, sich rechtzeitig bei Annkathrin Koppers (spp2130@uni-wuerzburg.de) anzumelden.
Übersetzende sind keine körper- und geschichtslosen Wesen. Sie schreiben sich selbst, ihr eigenes subjektives Verständnis sowie kulturell dominante soziale und sexuelle Normen dem übersetzten Text ein und richten sich dabei an spezifische Zielgruppen, die aus Menschen mit bestimmten Identitätsmerkmalen bestehen. Die philologische Utopie einer ‚treuen‘ Übersetzung, die den Ausgangstext ohne Abweichung wiedergibt, hat den Blick für hierarchisierende und gendernormierende Praktiken des Übersetzens lange verstellt. Damit einher ging eine Marginalisierung der Übersetzenden, deren Tätigkeit als sekundär, rezeptiv und passiv abgewertet oder nicht einmal wahrgenommen wurde.
Die Konferenz rückt Gender und Diversität ins Zentrum und fragt nach den wechselseitigen Bezügen von Übersetzung und Geschlecht in der Frühen Neuzeit: Inwiefern beeinflussen kulturell geprägte Identitäts-konzepte und Gruppenzugehörigkeiten die Tätigkeit des Übersetzens und umgekehrt: In welcher Weise tragen frühneuzeitliche Übersetzungen zur Etablierung von sozialen Werten und genderspezifischen Idealen bei? Doch auch gegenläufige Verfahren des Übersetzens sind denkbar, die gesellschaftliche Normen durch Verweise auf anerkannte Autoritäten und normativitätskritische Interpretationen eines Ausgangstexts konterkarieren und unterminieren. Im Anschluss an Judith Butlers ‚Gender Trouble‘ (1990) und ihre Theorie zur Performativität des Geschlechts lässt sich Übersetzen als ein Prozess verstehen, bei dem gendernormierende Akte im Sinne eines ‚Translating Gender‘ reproduziert, stabilisiert, aber auch kritisiert werden.
Programm
Mittwoch, 13. September 2023
14:00
Regina Toepfer: Begrüßung und Einführung
Sektion: Weibliche Übersetzer der Frühen Neuzeit
Moderation: Annkathrin Koppers
14:30–15:15
Klaus Kipf, Caroline Fußbach
Übersetzerinnen – Fehlanzeige? Ergebnisse des Online-Repertoriums Deutsche Antikenübersetzung 1502–1620
15:15–16:00
Julia Heideklang
„A Men’s Affair“? Weibliche Akteure und die Übersetzung frühneuzeitlicher Literatur ins Lateinische
16:00–16:30 Pause
Moderation: Susanne Greilich
16:30–17:15
Hilary Brown
Researching Gender with Digital Tools
17:15–18:00
Katja Kauer
Ist eine frühneuzeitliche Übersetzerin weiblich?
18:00–18:30 Pause
18:30–20:00
Abendvortrag
Moderation: Regina Toepfer
Marina Münkler
Fremde Frauen. Weiblichkeitskonstruktionen in Georgs von Ungarn Tractatus de moribus, conditionibus et equitia Turcorum und der Übersetzung durch Sebastian Franck
20:00 Abendessen
Donnerstag, 14. September 2023
Sektion: Literarische Gender-Übersetzungen
a.
Moderation: Erich Poppe
9:00–9:45
Elena Parina
The Welsh translation of De institutione feminae Christianae by Juan Luis Vives: constructing and instructing a perfect female in 16th century Wales
9:45–10:30
Susanne Bayerlipp
“with chaste heart, fair visage, upright thought” – Gender and Diversity in Translations of Petrarch’s Trionfi by Elizabeth I, Mary Sidney Herbert, and Anna Hume
b.
Moderation: Joachim Hamm
9:00–9:45
Alyssa Steiner
Gelehrte Männlichkeit zwischen Weisheit und Narrheit: Lateinisch-deutsches Übersetzen als affirmativer Diskursraum männlicher Selbstreflektion in Sebastian Brants Narrenschiff (1494) / Stultifera navis (1497)
9:45–10:30
Isabelle Stauffer
Gender in deutschen Übersetzungen Madleine de Scudérys
10:30–11:00 Pause
a.
Moderation: Christina Strunck
11:00–11:45
Alexia Dedieu
Hermione in translation: the impossible definition of a tragic character in the early modern period
11:45–12:30
Cecilia Muratori, Antje Wittstock
The Androgynity of Translating: Dionysius Andreas Freher and his Treatise An Explication of Three Very Different Tables
b.
Moderation: Stephan Kraft
11:00–11:45
Marília Jöhnk
Im Lichte Sapphos. Weibliche Geistesarbeit und Traditionsbildung in der Frühen Neuzeit
11:45–12:30
Fiona Walter, Dirk Werle
Genre und Gender. Übersetzerinnen frühneuzeitlicher deutschsprachiger Romanliteratur
12:30 Pause
13:30–15:00
Mitgliederversammlung (SPP-intern)
Regina Toepfer, Annkathrin Koppers
13:30–15:00
Felix Herbert: Conference Walk
15:00–15:15 Pause
c.
Moderation: Rahel Micklich
15:15–16:00
Enrica Fantino
doch mit vermidung der schamperkait: Gender- und Identitätskonzepte in den frühneuzeitlichen Lukian-Übersetzungen
16:00–16:45
Jennifer Hagedorn
Krieger, Fürsten, Ehemänner. Geschlechternormen und männliche Ideale in den deutschen Ilias-Übersetzungen des 16. Jahrhunderts
16:45–17:15 Pause
Moderation: Jörg Welsche
17:15–18:00
Caroline Mannweiler
Zur Übersetzungspraxis Geneviève Thiroux d’Arconvilles: eine Neulektüre im Kontext französischsprachiger Wissenschaftsübersetzungen des 18. Jahrhunderts
18:00–19:00 Pause
19:00
Öffentliche Podiumsdiskussion
Vielfalt Übersetzen. Sichtbarkeit und Normalisierung in der Literatur.
Es diskutieren Sandra Hetzl, Barbara Schmitz und Regina Toepfer, moderiert von Annkathrin Koppers
Freitag, 15. September 2023
Sektion: Kulturelle Genderübersetzungen
Moderation: Peter Burschel
9:00–9:45
Martina Schrader-Kniffki
más que se muera este viejo: Weibliche agency als Ergebnis übersetzerischer Positionierungspraktiken in Zeuginnenaussagen neuspanischer Gerichtsakten
9:45–9:55 Pause
a.
Moderation: Rebekka Voß
9:55–10:35
Susanne Knaeble
Felix Fabris Sionpilger aus intersektionaler Perspektive: Konzeptualisierung von Geschlecht und Stand durch ‚transkulturelles Übersetzen‘
10:35–11:20
Irena Fliter
Family History between the Early Modern Ottoman Empire and Europe: Translating Gender, Kinship and Identity
b.
9:55–11:20
Isabel Fraas
Workshop: Eine Frage der Wahrnehmung Vielfalt und Vielfaltskompetenz in Forschung und Lehre
11:20–11:45 Pause
a.
Moderation: Katja Triplett
11:45–12:30
Mirosława Hanusiewicz-Lavallee
Women Translators and Jesuits in Poland–Lithuania
12:30–13:15
Alexandra Chiriac
Übersetzen als Zeitvertrieb und Lernstrategie. Jassyer Übersetzerinnen und ihre Praxis am Anfang des 19. Jahrhunderts am Beispiel von Gessners Schauspiel Erast
b.
11:45–13:15
Isabel Fraas
Workshop: Eine Frage der Wahrnehmung Vielfalt und Vielfaltskompetenz in Forschung und Lehre
13:15–13:30 Pause
13:30–14:00 Abschlussdiskussion
Ab 14:00 fakultativ: Mittagessen und Stadtführung mit Felix Herbert
Contact Information
Geschäftsstelle des SPP 2130 ‚Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit‘
Office of SPP 2130 ‘Early Modern Translation Cultures’
Sprecherin/Spokesperson: Prof. Dr. Regina Toepfer
Projektkoordinatorin/Coordinator: Annkathrin Koppers, M.A.
Geschäftsstelle SPP 2130
Institut für deutsche Philologie, Ältere Abteilung
Philosophische Fakultät
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Am Hubland
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