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Call for Papers: Jahrestagung des Netzwerks Drehbuchforschung 2023: Drehbuch und Publikum

Deadline Abstract
15.05.2023

Call for Papers: Jahrestagung des Netzwerks Drehbuchforschung 2023, in Kooperation mit der AG Medienindustrien der Gesellschaft für Medienwissenschaft 

Drehbuch und Publikum 

Universität Siegen, 17.–18. November 2023 

Theorien und Analysen von Drehbuchtexten und -prozessen berühren implizit oder explizit Fragen der Rezeption und auch Drehbuchpraktiker*innen befassen sich immer wieder mit solchen. Das interdisziplinäre Netzwerk Drehbuchforschung will in seiner fünften Jahrestagung (in erstmaliger Kooperation mit der AG Medienindustrien der Gesellschaft für Medienwissenschaft) Zusammenhänge von Drehbuch und Publikum genauer ergründen und dabei verschiedene Perspektiven zusammenführen. 

Zunächst kann es um Publikumskonzeptionen in Erzähltheorien und Dramaturgiemodellen gehen, wie sie gerade in einer praxisorientieren Drehbuchforschung eine wichtige Rolle spielen. In den „doxa“ der Drehbuchentwickelnden (Macdonald 2013) werden immer wieder Vorstellungen darüber verhandelt, wer die Rezipierenden sind, wie sich diese aktivieren und ihre Haltungen zu Figuren und Plot vorstrukturieren lassen. Hier ergeben sich Schnittstellen zu den Media Industry und Production Studies, denn die Festschreibungen hinsichtlich Handlungsaufbau und vermuteter Rezeptionswirkung hängen meist mit medienindustriellen Entwicklungen und Umgebungen zusammen. 

Das Verhältnis von Drehbuch und Publikum ist auch in Produktionszusammenhängen zu erkunden. Zunächst findet bereits hier, in der Entstehung von Drehbüchern bis hin zu Produktion und Distribution, eine Rezeption statt: Einhergehend mit der vielstimmigen Screen Idea Work Group (Macdonald 2013), in der sehr unterschiedliche Akteur*innen Skriptideen entwickeln, nehmen verschiedene Personen Drehbücher und verknüpfte Texte wie Exposés oder auch orale Drehbuch- und Ideenpräsentationen wahr. In diesem Sinne sind die ersten Leser*innen von Drehbuchtexten (Fach-)Publikum. Im Laufe von Entwicklungsprozessen gewinnen Institutionen und Konventionen an Bedeutung und führen, oft auf der Basis von bestimmten Publikumsannahmen, zu Einschränkungen. Angesichts von gesellschaftlichen Normen und Regulierungen in verschiedenen zeitlichen und lokalen Kontexten lassen sich auch Publika thematisieren, denen Drehbücher oder bestimmte Inhalte aus diesen verwehrt werden (sollen). 

Bei Drehbucheditionen liegt es wiederum nahe, dass sie gezielt spezifische Publika adressieren und dabei häufig ein Marketing zu audiovisuellen Produkten unterstützen. Publizierte Drehbücher verfolgen außerdem oft das Ziel, Akteur*innen und Prozesse des Drehbuchschreibens (ein Stück weit) abzubilden. Aus einer publikumsorientierten Perspektive lassen sich grundsätzlich verschiedene Vermittlungswege untersuchen – neben Buchpublikationen auch Filme, die vom Drehbuchschreiben erzählen (z. B. Adaption, USA 2002 oder Mank, USA 2020) oder film- und medienpädagogische Projekte (wie bspw. der Drehbuchpreis Kindertiger, über dessen Gewinner*innen eine Kinderjury entscheidet). Mit dem Fokus auf solche Vermittlungspraktiken kann sich die Drehbuchforschung um filmanalytische und medienpädagogische Perspektiven erweitern. 

Außerdem ist bei dem Thema „Drehbuch und Publikum“ ein Rückgriff auf Rezeptionstheorien und -studien sinnvoll. Das Wechselverhältnis von Kodieren und Dekodieren, von Produzierenden und Rezipierenden, ist gerade an Drehbuchentwicklungen zu beleuchten, bei denen Zuschauer*innen beteiligt sind bzw. waren oder bei denen Publikumsdaten einfließen. Insbesondere bei aktuellen Kinder- und Jugendserien ist mittlerweile ein „ethnographic turn“ (Freudendal 2022) auszumachen, in dessen Folge Heranwachsende ein zentrales Objekt der Recherche sind, diese Recherchen als „kidnographers“ (ebd.) mit durchführen oder gar die Drehbucherstellung und weitere Produktionsphasen als „junior editors“ (Redvall/Christensen 2021, S.173) begleiten und evaluieren. 

In kommerziellen Kontexten ist die Drehbuchentwicklung verstärkt von Datafizierung und Algorithmisierung geprägt (vgl. z. B. Keilbach/Surma 2022). Aber auch schon in der Vergangenheit gab es immer wieder Versuche, Drehbuchentwicklungen und Publikumsforschungen zusammenzuführen. Neben quantitativen Daten und damit verknüpften Modellen von Ziel-, Nutzungs- und Bevölkerungsgruppen (z. B. Sinus-Milieus) spielt in Drehbuch- und Produktionsprozessen und in den ‚Selbsttheoretisierungen‘ (Caldwell 2008) der Drehbuchpraktiker*innen auch informelles Wissen zum Publikum eine wichtige Rolle. 

In den Publikumskonzeptionen und -forschungen geht es um bestimmte Identitätskategorien wie Gender oder Klassenzugehörigkeit. Hinsichtlich des Verhältnisses von Drehbuch und Publikum lässt sich demnach auch diskutieren, welche Identitätsaspekte besonders berücksichtigt, welche vernachlässigt werden – gerade in aktuellen Bestrebungen nach einer intersektionalen Perspektive und mehr ‚Diversität‘ im Produktionsprozess einschließlich der Drehbuchentwicklung. 

Die verschiedenen Fragen zu „Drehbuch und Publikum“ lassen sich mit verschiedenen Methoden und Theorien angehen. Die Jahrestagung will in diesem Zusammenhang auch zentrale Zugänge der Drehbuchforschung und deren mögliche Erweiterung erörtern. Über das Tagungsthema hinaus sind Beiträge zu allen Bereichen der Drehbuchforschung willkommen. Dieses Feld ist interdisziplinär/-medial und transgenerisch/-disziplinär ausgerichtet. Ausdrücklich erwünscht sind daher Beiträge sowohl von (Nachwuchs)Forscher*innen aus allen geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereichen, wie z. B. der Medien-, Film-, Musik-, Literatur- und Editionswissenschaft als auch von Praktiker*innen und aus der künstlerischen Forschung. 

Für die Reise- und Übernachtungskosten steht voraussichtlich ein begrenztes Budget für institutionell ungebundene Teilnehmende zur Verfügung. Anknüpfend an die Tagung soll ein Sammelband zu Drehbuch und Publikum in der neuen Reihe „Studien zum Drehbuch“ bei De Gruyter erscheinen. 

Wir freuen uns auf Themenvorschläge für 20-minütige Vorträge, die in Form eines Abstracts von 300 Wörtern mit einem kurzen akademischen Lebenslauf eingereicht werden können. Bitte senden Sie diese bis zum 15. Mai 2023 an Sandra Nuy (sandra.nuy@uni-siegen.de) und Florian Krauß (florian.krauss@medienwissenschaft.uni-siegen.de). 

Weitere Informationen zum Netzwerk Drehbuchforschung finden Sie unter https://drehbuchforschung.wordpress.com, weitere Informationen zur AG Medienindustrien unter https://gfmedienwissenschaft.de/gesellschaft/ags/medienindustrien 

Florian Krauß (Siegen), Christine Lang (Berlin/Leipzig), Sandra Nuy (Siegen), Lies van Roessel (Halle), Pascal Rudolph (Nürnberg), Kerstin Stutterheim (Edinburgh) 

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur und Medienwissenschaften, Intermedialität
Drehbuchforschung, Filmwissenschaft

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Universität Siegen
Datum der Veröffentlichung: 31.03.2023
Letzte Änderung: 31.03.2023