Dissertation
Author: Philipp Sperner

Rhetorik der Freundschaft: Metaphern der Gemeinschaft im Diskurs der indischen Unabhängigkeit und des modernen Nationalstaats

Mein Promotionsprojekt analysiert die Funktionsweisen der Metaphern der Freundschaft und Brüderlichkeit in der diskursiven Konstruktion politischer Gemeinschaftlichkeit. Im Fokus stehen dabei sowohl Texte der politischen Theorie als auch literarische Texte und Filme aus dem südasiatischen Kontext und deren Darstellung der indischen Nation als eine geeinte, egalitäre und demokratische Gemeinschaft.

Im Zuge des antikolonialen Bewegung und der damit verknüpften Konstruktion einer souveränen nationalen Gemeinschaft während der ersten Jahrzehnte nach der Erkämpfung der indischen Unabhängigkeit, führte das Zusammenspiel der verschiedenen globalen und regionalen Entwicklungsgeschichten der Konzepte der Freundschaft und Brüderlichkeit zu einer großen Bandbreite verschiedener Verwendungsweisen der beiden Begriffe in politischen
Analysen, programmatischen Reden und Pamphleten, aber auch innerhalb der Literatur und Populärkultur (wie beispielsweise in den Comicbüchern der Amar Chitra Katha Reihe oder dem Bollywood-Film Amar Akbar Anthony). Diese Rhetoriken und Tropen der Freundschaft und Brüderlichkeit entwickelten eine zentrale Bedeutung für das nationale soziale Imaginäre, dessen Einfluss bis zum heutigen Tag ungebrochen ist.

Durch die Verknüpfung einer komparatistischen Perspektive mit Fragestellungen aus dem Feld der Global Intellectual History soll es gelingen aufzuzeigen, dass die Tropen der Freundschaft und Brüderlichkeit, die in den genannten Texten weiter entwickelt und popularisiert wurden, nicht nur das Bild der nationalen Gemeinschaft in Indien, sondern auch die Bedeutung der Demokratie und des Politischen als solches auf signifikante Weise beeinflussen. Dieses Unterfangen beinhaltet eine Reihe von Fragen, die im Zuge der Analyse genauer diskutiert werden sollen:

  • Auf welche Weisen werden die Rhetoriken der Freundschaft und Brüderlichkeit miteinander verschränkt und welche politischen/sozialen/argumentativen Funktionen erfüllt diese Verzahnung?
  • Inwiefern können die Rhetoriken der Freundschaft und Brüderlichkeit dazu beitragen, Frauen und andere Personen auszuschließen, die nicht als Teil der Bruderschaft oder des Freundeskreises der demokratischen Gemeinschaft gesehen werden?
  • Kann der Wandel der Rhetorik der Freundschaft und Brüderlichkeit am Beginn des 20. Jahrhunderts als Zeichen einer größeren Veränderung der Funktionen und Repräsentationsformen politischer Souveränität in Indien gesehen werden?
  • Welche emanzipatorischen oder egalitäre Potenziale lassen sich in Rhetoriken der Freundschaft erkennen und wie werden diese durch die in die Trope der Brüderlichkeit eingeschriebene genealogische sowie androzentrische und rassialisierende Logik der Verwandtschaft und Abstammung unterlaufen?
  • Gibt es andere Metaphern des Sozialen, die eine Konstruktion politischer Gemeinschaftlichkeit jenseits des potenziell nationalistischen Rahmens der Brüderlichkeit bzw. auch jenseits der (historischen) Beschränkungen des Begriffs der Freundschaft ermöglichen?

Institutions

Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft

Fields of research

South Asian literature, Literary historiography, Deconstruction, Postcolonial studies, Literature and cultural studies, Rhetorical figure (allegory, symbol, metaphor)
Submitted by: Philipp Sperner
Date of publication: 16.06.2020
Last edited: 16.06.2020