Literaturgeschichte und Buchmarkt, 1500–1700, Heidelberg
Die Literaturgeschichte der Frühen Neuzeit scheint in einem nicht unerheblichen Ausmaß von der Zusammenarbeit zwischen Autoren und Offizinen geprägt zu sein. Häufig lassen sich in dieser Hinsicht langjährige, konstante und produktive Arbeitsbeziehungen beobachten, etwa zwischen Erasmus von Rotterdam und Johann Froben, Johann Fischart und Bernhard Jobin oder auch zwischen Johann Michael Moscherosch und Johann Philipp Mülbe. Diese Beobachtung legt die Vermutung nahe, dass bereits in der Zeit zwischen 1500 und 1700 das Schreiben ‚literarischer‘ Texte (im zeitgenössisch weitergefassten Wortsinn) nicht allein in ‚intellektuelle‘, beispielsweise literatur-, politik-, konfessions- und ideengeschichtliche, Kontexte eingebettet ist. Vielmehr erscheint es sinnvoll, die Textproduktion seitens der Autoren auch im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen und kommerziellen Interessen der beteiligten Drucker-verleger – anders gesagt: das Schreiben und Publizieren von Büchern als Geschäft – zu betrachten.
Auf der Tagung soll danach gefragt werden, unter welchen Bedingungen und auf welche Weise Dynamiken aus dem Bereich des Buch-handels die Literaturgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts beeinflussen oder gar steuern. Es gilt zu ermitteln, inwiefern sich die personellen Netzwerke, die Austausch- und Konkurrenzverhältnisse und die (auch) auf finanziellen Gewinn ausgerichteten Interessen der Druckerverleger auf die Spezifika der Textproduktion seitens der Autoren auswirken, etwa in Gestalt von Aneignungen zeitgenössisch populärer Gattungsvorbilder oder von gezielt in Auftrag gegebenen ‚Konkurrenzprodukten‘ zu erfolgreichen Texten.
Die Annäherung an die übergeordnete Fragestellung erfolgt dabei über vier Themenbereiche:
I. Buchmarkt und regionale Einbettung
II. Überregionale Vernetzung
III. Buchmarkt und kultureller Austausch
IV. Literarische Reflexionen
Programm
Mittwoch, 26.03.2025
14:00 Uhr
Sofia Derer (Heidelberg): Begrüßung und Einführung
Sektion I: Buchmarkt und regionale Einbettung
14:30 Uhr
Nathalie Emmenegger (Bern): Psalmengesang und ‚zwinglische‘ Reime. Versreform und reformierte Tradition im Zürich des 17. Jahrhunderts.
15:15 Uhr
Diego León-Villagrá (Weimar): Johann Geiler von Kaysersbergs Narrenschiff-Predigten auf dem Straßburger Buchmarkt des 16. Jahrhunderts
16:00 Uhr
Kaffeepause
16:30 Uhr
Dennis Wegener (Wien): Die Druckgeschichte des Theuerdank Kaiser Maximilians I. – Ein Beispiel für die interessengeleitete Buchproduktion in Augsburg, Frankfurt und Ulm von 1517 bis 1693
17:15 Uhr
Kaffeepause
Keynote Lecture
17:45 Uhr
Andrew Pettegree (University of St. Andrews): The Universal Short Title Catalogue: Mapping the Development of the Early Modern Book Market
19:00 Uhr
Abendessen
Donnerstag, 27.03.2025
9:30 Uhr
Maximilian Talsky (Hamburg): Schreiben nach Programm – Der Frankfurter ‚Verlagsautor‘ Michael Caspar Lundorp (um 1583–1626)
Sektion II: Überregionale Vernetzung
10:15 Uhr
Saskia Limbach (Göttingen): Das Buch als Ware: Preise, Auflagenhöhen und wirtschaftliche (Miss-)Erfolge im frühneuzeitlichen Buchgewerbe
11:00 Uhr
Kaffeepause
11:30 Uhr
Simon Karstens (Trier): Nachdruckpraktiken zur Zeit der Habsburger-Monarchie
12:15 Uhr
Laura-Sophie Stolzenberg (Kiel): ‚Dissidente‘ Publikationen in der Frühen Neuzeit – Vernetzung und Interessen im Hintergrund der in Amsterdam publizierten Gedichtsammlung Geistliche und Weltliche Poemata (1650) von Anna Ovena Hoyers
13:00 Uhr
Mittagspause
14:30 Uhr
Tilmann Walter (Würzburg): Pietro Perna (†1582) und die Krise des medizinischen Humanismus: Wie ein Basler Druckerverleger und Buchhändler um 1570 für den Aufstieg des Paracelsismus sorgte
Sektion III: Buchmarkt und kultureller Austausch
15:15 Uhr
Ricardo Stalder (Zürich): Bankrott und Bestseller. Die Offizin Grimm/Würsung und die erste deutschsprachige Ausgabe von Francesco Petrarcas De remediis utriusque fortunae
16:00 Uhr
Kaffeepause
16:30 Uhr
Mia Brauns (Heidelberg): Deutschsprachige Amerika-Reiseberichte des 16. und 17. Jahrhunderts als kommerzielle Textgattung
19:00 Uhr
Abendessen
Freitag, 28.03.2025
Sektion IV: Literarische Reflexionen
9:30 Uhr
Hauke Kuhlmann (Bremen): Geld, Schläge, Lügen: Der Buchdruck bei Johannes Pauli, Jörg Wickram und Jakob Frey
10:15 Uhr
Sylvia Brockstieger (Heidelberg): Literatursatire und Medienreflexion. Die Frankfurter Buchmesse im Spiegel der Markschiff-Dichtungen (1596f.)
11:00 Uhr
Kaffeepause
11:30 Uhr
Dirk Werle (Heidelberg): Das Jubilaeum typographorum Lipsiensium: Oder Zweyhundert-Jähriges Buchdrucker Jubelfest (1640)
12:15 Uhr
Abschlussdiskussion
13:00 Uhr
Gelegenheit zum gemeinsamen Mittagsessen, Abreise
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Universität Heidelberg
Germanistisches Seminar
Hauptstraße 207–209
69117 Heidelberg
Veranstaltungsort: Seminarraum 137
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