Insektenpoesie. Grundzüge einer literarischen Entomologie, Zürich (27.03.–29.03.23)
Deutsches Seminar, Universität Zürich
Datum: 27.-29. März 2023
Ort: KOL-E-13 (Senatszimmer), Rämistr. 71, 8006 Zürich
Organisation: Davide Giuriato und Anatol Heller
Kontakt: anatol.heller@ds.uzh.ch
Die an der Universität Zürich stattfindende Tagung «Insektenpoesie. Grundzüge einer literarischen Entomologie» widmet sich der Geschichte literarischer Insektendarstellungen, die in einem methodisch pluralen und historisch breiten Zugang erschlossen werden sollen. Die Tagung fasst damit ein thematisch vielfältiges, aber auch literaturgeschichtlich weit zurückreichendes Themenfeld ins Auge, das von der Bienenmotivik antiker Dichtung bis zum nature writing der Gegenwart reicht und durch eine Reihe sich teils diametral entgegenstehender Darstellungsformen charakterisiert ist. Insekten können sowohl als Modelle sozialer Gesellschaftsentwürfe wie als Figuren radikaler Vereinsamung auftreten, sie werden zu Objekten neugieriger Faszination und doch auch zur Verkörperung von Absonderung und Abscheu, sie fügen sich den Ordnungsrastern naturkundlicher Tableaus wie ihre aleatorischen Flugbahnen mitunter den Gesetzen des Zufalls zu folgen scheinen. Die Zürcher Tagung möchte die Vielfalt und Heterogenität der Thematik zum Anlass nehmen, das Insekt konsequent als Produktionsort von Ambivalenzen und Ambiguitäten zu verstehen. Entlang einer thematischen Untergliederung in poetologische, politische und wissensgeschichtliche Perspektiven sollen etablierte topische Lektüren mit jüngeren Forschungsansätzen der Wissenspoetik, der literary animal studies oder des Ecocriticism ins Gespräch gebracht werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Form entomologischer Bezugnahmen, um die metaphorische Unruhe, aber auch die Formen der Ähnlichkeitsproduktion zwischen Mensch und Insekt genauer zu beleuchten. Die Tagung möchte damit einerseits die in der Literaturwissenschaft oft übersehene Komplexität der Insektenthematik aufarbeiten, wie sie andererseits einen für ästhetische Darstellungsformen sensibilisierten Beitrag zu aktuellen Debatten über das (Über-)Leben der Insekten leisten möchte.
Programm:
Montag, 27. März 2023 |
14:30 – 15:00: Davide Giuriato und Anatol Heller (Universität Zürich): Einführung |
15:00 – 15:50: Christiane Frey (Johns Hopkins University, Baltimore): Spinnen, Netze: Arachnopoetiken zwischen Bacon und Brockes |
15:50 – 16:40: Bernhard Jahn (Universität Hamburg): Die Destruktivität der kleinen Tiere: Ameisen, Mücken und Flöhe in der Literatur des 16. Jahrhunderts und ihr poetologisches Zerstörungspotential |
Kaffeepause |
17:10 – 18:00: Evelyn Dueck (Université de Genève): Insektenlogik – Agency der insecta in der frühneuzeitlichen Lehrdichtung |
18:00 – 18:50: Niels Werber (Universität Siegen): Die Ameise: Das populäre Tier |
Dienstag, 28. März 2023 |
09:00 – 09:50: Kira Louisa Künstler (FU Berlin): «Papillon du Parnasse»: La Fontaines Poetik des Volatilen |
09:50 – 10:40: Ulrich Stadler (Universität Zürich): Präsenz und Absenz. Der Kampf gegen Flöhe in Johann Peter Hebels Erzählung «Ein Hausmittel» |
Kaffeepause |
11:10 – 12:00: Roland Borgards (Goethe-Universität Frankfurt a. M.): «Generalissimus Heupferd». Krieg, Migration und Entomologie bei Georg Büchner |
Mittagspause |
14:00 – 14:50: Sebastian Klinger (Universität Wien): Sodom und Gomorrha der Hummeln: Liebestaumel bei Proust |
14:50 – 15:40: Eckart Goebel (Universität Tübingen): Glitzernde Maschine. Hans Henny Jahnn und der Tod einer Libelle |
Kaffeepause |
16:10 – 17:00: Denise Reimann (HU Berlin): Mit Grillenstudien gegen den Lärm der Zeit. Ivan Regens poetische Entomologie im frühen 20. Jahrhundert |
17:00 – 17:50: Antje Schmidt (Universität Hamburg): Insektenfrequenzen, neobarock. Poetologien des Disruptiven in der Gegenwartslyrik (Rinck, Bleutge, Kling) |
Mittwoch, 29. März 2023 |
09:00 – 09:50: Thomas Schestag (Brown University, Providence): Sprache oder «Sprache»? Karl von Frischs Entdeckung tanzender Bienen |
09:50 – 10:40: Vera Thomann (Universität Zürich / Harvard University, Cambridge): Käfer in Schachteln: Entomologische Opazität bei Wittgenstein, Freud und Haushofer |
Kaffeepause |
11:10 – 12:00: Markus Wild (Universität Basel): «Buchstabieren der Erscheinung». Kontrastive Schnittmengen: Käfer vs. Schmetterlinge, Jünger vs. Nabokov |
Mittagspause |
14:00 – 14:50: Esther Köhring (Goethe-Universität Frankfurt a. M.): Parasiten/Metaphern |
14:50 – 15:40: Claudia Keller (Universität Zürich): Schreiben im Zeitalter des Aussterbens. Affektlogiken und Affektpoetiken im Insektenschutz |
Kaffeepause |
16:10 – 17:00: Kyung-Ho Cha (Universität Bayreuth): Sebalds Insekten |