"Real Adventure? Abenteuererzählungen zwischen Fiktion und Tatsachenbericht" (Jahrestagung der DFG-Forschungsgruppe "Philologie des Abenteuers")
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir laden Sie herzlich zur Jahrestagung "Real Adventure? Abenteuererzählungen zwischen Fiktion und Tatsachenbericht" der DFG-Forschungsgruppe "Philologie des Abenteuers" (lmu.de/philologie-des-abenteuers) ein, die am 01. und 02. Juli über Zoom stattfinden wird.
Das Programm finden Sie auf dem Flyer im Anhang.
Den Zoom-Link erhalten Sie nach Anmeldung per Email an: Carina.Breidenbach@lrz.uni-muenchen.de
Herzliche Grüße,
Brigitte Obermayr und Robert Stockhammer
Laut Encyclopédie ist ein Abenteuer ein „évenement extraordinaire ou surprenant, soit réel soit imaginaire". Allerdings ist diese Alternative, derzufolge das außerordentliche oder überraschende Ereignis ein ‚wirkliches' oder ‚imaginäres' sein kann, nicht spannungsfrei. Ist der fiktionale Status eines Textes, in dem von einem außeralltäglichen, möglicherweise hochgefährlichen Ereignis erzählt wird, gesichert, so mag dies als beruhigende Schutzzone anmuten.
Oft genug jedoch, etwa bei Berichten von Expeditionsreisen, wird durchaus erwartet, dass sich das Berichtete in allen wesentlichen Punkten tatsächlich so zugetragen habe – und Abweichungen davon werden dann nicht als ‚Fiktionen', sondern schlicht als Unwahrheiten gewertet. Einen solchen Anspruch auf Tatsächlichkeit erheben sogar Autoren, die sonst eher durch ihre Romane bekannt sind, etwa Jack London, der anlässlich einer Geschichte seines alter egos Martin Eden insistiert: „He had entitled the story 'Adventure', and it was the apotheosis of adventure – not of the adventure of the storybooks, but of real adventure". Auch in der russischen Spätavantgarde entstehen Texte mit dem Anspruch, abenteuerlich ‚und trotzdem' faktographisch zu sein.
In anderen Fällen wird der Status fiktionaler Texte missverstanden – wie dies etwa im Don Quixote seinerseits fiktional gestaltet wird(jedenfalls solange nicht Cervantes' Roman wiederum als Fallstudie über einen tatsächlich existiert habenden Leser von Ritterromanen verstanden wird...). Mindestens gelegentlich dürften Autoren solche
Missverständnisse befördert haben: Waren etwa Mandevilles Berichte von Menschen ohne Kopf ‚Fiktionen' (als die sie heute gern neutralisiert werden) oder nicht doch eher ‚fake news', denen Leser jahrhundertelang auf den Leim gingen? Oder ist diese Alternative als solche keine transhistorisch gültige, sondern musste erst herausgebildet werden?
Die Tagung soll die Trennlinien, oft wohl eher Grauzonen, zwischen fiktionalen und faktualen Abenteuererzählungen in historischer Perspektive ausloten.