Einzelprojekte

Das Beispiel im Wissen der Ästhetik (1750-1850). Erforschung und Erfassung einer diskursiven Praxis

Beispiele zu geben, ist eine fundamentale und unverzichtbare Praxis wissenschaftlicher Diskurse, die sich nicht auf das logische Verhältnis von Allgemeinem zu Besonderem und auf ihre Veranschaulichungsfunktion reduzieren lässt. Beispiele sind im Hinblick auf die zu entwickelnden allgemeinen Gesetzmäßigkeiten, Sachverhalte und Begriffe keineswegs austauschbar und bloß akzidentiell. Erforscht wird in diesem Projekt der Beispielgebrauch im Diskurs der Ästhetik zwischen 1750 und 1850. In diesem Zeitraum wird die Ästhetik zu einer neuen philosophischen Disziplin und es entstehen in Anschluss an Alexander Gottlieb Baumgarten ausgreifende systematische Entwürfe sowie eine Reihe von Lehrbüchern. Da die Ästhetik es immer mit einzelnen, begrifflich nicht auflösbaren Geschmacksurteilen zu tun hat, ist sie für das Forschungsvorhaben besonders gut geeignet. Ihr vornehmlicher Gegenstand ist die sinnliche Anschauung des Schönen, weshalb sie schon von der Sache her in besonderer Weise auf Beispiele angewiesen ist. Ob es die Rose ist oder die griechische Statue einer Göttin: Zu reflektieren bleibt, welche Funktionen Beispiele für den Erkenntnisgewinn haben. Es macht einen Unterschied, ob sie aus dem Fundus des überlieferten Wissens stammen oder völlig neu erfunden werden. Daher finden sich an entscheidenden Stellen in den Schriften der Ästhetik Reflexionen über Beispiele. Das Projekt möchte Beispiele in ihrem Spannungsverhältnis zwischen allgemein-begrifflichem Anspruch und dem je besonderen ästhetischen Gegenstand untersuchen. Um der diskursiven Praxis in ihrer Komplexität Rechnung zu tragen, werden verschiedene Dimensionen analysiert. Dazu gehört ihre rhetorische und mnemotechnische Dimension, ebenso wie ihre konzeptuelle und epistemologische und die institutionell-normative Dimension: Beispiele wollen nicht nur überreden, sie können auch helfen, ein Wissen einzuprägen; sie sind auch Agenten für das Verstehen komplizierter Zusammenhänge und können als Gegenbeispiele schlagend sein; und schließlich können sie Ausgangspunkte für die Erzeugung eines neuen Wissens sein. Eine breit angelegte Erforschung von Beispielen überhaupt und in der Ästhetik im Besonderen ist ein Desiderat. Hierzu soll ein wichtiger und materialgesättigter Beitrag geleistet werden. Heuristische Grundlage dazu ist die bereits online zur Verfügung stehende Datenbank Archiv des Beispiels, die sich als Plattform ihrer Erforschung anbietet. In diese Datenbank werden alle relevanten Beispiele aus dem umfangreichen Textkorpus eingetragen und nach verschiedenen Parametern systematisiert. Zugleich untersucht eine interdisziplinär orientierte Forschergruppe die historischen Entwicklungen sowie die sprachlichen und diskursiven Formen des Beispielgebrauchs im Wissen der Ästhetik. Ziel ist es, aus diesem exemplarisch analysierten Korpus Erkenntnisse über den Stellenwert und die Funktionsweise von Beispielen überhaupt zu gewinnen.
Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Ästhetik, Literatur des 18. Jahrhunderts, Literatur des 19. Jahrhunderts
Wissenschaftstheorie

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Einrichtungen

FernUniversität in Hagen
Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft
Datum der Veröffentlichung: 12.12.2018
Letzte Änderung: 12.12.2018