Form. Perspektiven einer literaturwissenschaftlichen Theorie
Eine Leitdifferenz innerhalb der Ästhetik ist die von Oberfläche und Tiefe, was sich auch in eine Gegenüberstellung von ‚Form’ und ‚Gehalt’ übersetzen läßt. Mit ihr einher geht gewöhnlich eine Wertung bzw. Zuordnung der jeweiligen Artefakte zur Sphäre entweder der freien oder der angewandten Kunst.
Der Graben, der Kunst und Kunsthandwerk trennt, ist eine der Konsequenzen der Geschichte der Ästhetik in Deutschland, die mit Goethe und Hegel auf Fragen des Gehalts festgelegt wurde – auf Kosten derjenigen Variante des ästhetischen Diskurses, die um das Konzept der reinen Form zentriert war. Dessen zukunftsweisende Möglichkeit, Ephemeres wie Kunst zu behandeln – Arabesken, Schmuck und Ornamente, aber auch Mode, Tapeten oder Abendgesellschaften – wurde ausgerechnet zum Argument für die Unzulänglichkeit der Formästhetik, wie besonders die Kritik an Kants Kunstverständnis zeigt. Dennoch blieben Oberflächenphänomene wiederkehrende Bezugspunkte in der Diskussion über Kunst im allgemeinen und Literatur im besonderen – am auffälligsten innerhalb der Strömung des Ästhetizismus.
Die Vorträge der Tagung fragen nach den theoriegeschichtlichen Stationen und Hintergründen von Ästhetiken der Form, beabsichtigen aber zugleich, die Relevanz der zugehörigen Kategorien für die Debatte über Kunst und Literatur unserer Gegenwart herauszustellen: Die Rückbesinnung auf die Materialität des Mediums Buch in Form des Interesses an Layout- und Gestaltungsfragen sowie insbesondere das ostentative Ausstellen medialer Oberflächlichkeit in der Ästhetik der Pop-Kunst sind Phänomene, anhand derer sich das Fortleben und die Aktualität formtheoretischer Kunstkonzepte und -theorien – die gleichfalls Gegenstand der Diskussion sein werden - belegen läßt.
Programm
Donnerstag, 28.03.2019
9:00 Torsten Hahn und Nicolas Pethes (Köln): Einführung
1. Theorien und Medien der Form
10:00 Thomas Hecken (Siegen): Form Inhalt Kanon
11:30 Matthias Bickenbach (Köln): Die Form des Buchs
12:30 Elena Beregow (Hamburg): Oberflächen der Theorie. Über heiße und kalte Atmosphären
als Medien der Theoriebildung
2. Ästhetiken der Form und Geschichte der Literatur
14:30 Patrick Hohlweck (Berlin): Zur Frühgeschichte der Form (Baumgarten)
15:30 Anja Lemke (Köln): Philosophische Arabeske (Schlegel)
17:00 Peter Neumann (Jena): Entzeitlichung. Zur Temporalität der reinen ästhetischen Form
18:00 Natalie Binczek (Bochum): Die Form der Einrichtung der Literatur. Goethes Haus
Freitag, 29.03.2019
9:00 Armin Schäfer (Bochum): Prosagedicht und lyrische Prosa
10:00 Jürgen Brokoff (Berlin): Intervention als literarische Form. Zur Formdiskussion der
proletarisch-revolutionären Literaturtheorie in den 1930er Jahren
11:30 Niels Werber (Siegen): Form und Zeit. Ulrich Peltzers „Bryant Park“
3. Kulturelle Artefakte und Formen der Oberfläche
13:30 Bettina Schlüter (Bonn): Musikalische Form – ästhetische Regulative der Beobachtung
14:30 Heinz Drügh (Frankfurt): Pulchrituda vaga, pulchrituda adhaerens. Überlegungen zum
Begriff der Form zwischen Autonomie und Ware
15:30 Urs Stäheli (Hamburg): Die Form der Modularität: Von der Ästhetik des Moduls zur
lentikularen Moderne
Veranstaltungsort:
Universität zu Köln
Repräsentationssaal
Gebäude 221
Klosterstraße 79b
Verabstalter:
Torsten Hahn
Nicolas Pethes
Kontakt:
Institut für deutsche Sprache und Literartur I