Korrigieren – eine Kulturtechnik (Online, 19. und 20.11.2020)
Prozesse des Korrigierens bilden neben dem eigentlichen Schreibprozess das Fundament der literarischen und wissenschaftlichen Produktion. Sie bleiben jedoch zumeist im Verborgenen und sind bislang lediglich peripher untersucht worden. In der digitalen Gegenwart gewinnen kollaborative Schreib- und Korrekturprozesse an Bedeutung, für deren Analyse jedoch sowohl eine historische Aufarbeitung als auch eine breitere Diskussion verschiedener Korrekturphänomene notwendig ist. Diesen Prozessen wollen wir im Rahmen der Konferenz intensiver nachspüren.
Dabei interessiert uns das Korrigieren als Tätigkeit, die einerseits den Produktionsverhältnissen unterworfen ist und andererseits selbst zur Produktion und Destruktion, Ergänzung und Verbesserung, Versionierung und Überschreibung von Texten beiträgt und möglicherweise Autorschaften erweitert oder differenziert. Zudem werden im (zumeist nicht öffentlichen) Korrekturprozess ästhetische, stilistische, grammatikalische und inhaltliche Regelsysteme angewandt, die eine normierende Funktion haben.
Im Fokus der Konferenz stehen vor allem textbasierte Medien. Die Vorträge bieten systematisierende Perspektiven, sie reflektieren Korrigieren als eine philologische Praxis, untersuchen Korrekturpraxen in der Schuldidaktik und analysieren Korrekturprozesse vom 18. bis zum 21. Jahrhundert – als Medienpraxis, innerhalb der literarischen Produktion und bezogen auf Phänomene der Autokorrektur.
Die Beiträge werden im Vorfeld der Konferenz selbst einem Korrekturprozess unterzogen, der auf der Konferenz reflektiert werden soll. Eine Diskussionsrunde mit der Autorin Mara Genschel (Berlin), dem Journalisten Dirk von Gehlen (München) und dem Verleger Jörg Sundermeier (Berlin) beschließt die Konferenz.
Die Konferenz wird digital stattfinden, Mitdiskutierende sind sehr willkommen. Melden Sie sich bitte bis zum 17.11.2020 bei Janneke Eggert an, dann erhalten Sie rechtzeitig einen Zugang zur Konferenzplattform: jeggert@stadtdo.de. Nutzen Sie in den Sozialen Medien für die Konferenz als Hashtag bitte #Korrigieren.
Den Link zum kompletten Konferenzprogramm finden Sie hier: https://www.dortmund.de/media/p/fritz_hueser_institut/fhi_pdf/fhi_2020_11_Korrekturen_Tagungsprogramm.pdf
Organisation: Dr. Iuditha Balint (FHI Dortmund) & Prof. Dr. Thomas Ernst (Amsterdam/Antwerpen) unter Mitarbeit von Janneke Eggert (FHI Dortmund)
Eine Kooperation des Fritz-Hüser-Instituts für Literatur und Kultur der Arbeitswelt mit der Amsterdam School for Cultural Analysis und dem Department Moderne Vreemde Talen en Culturen der Universiteit van Amsterdam sowie dem Departement Letterkunde der Universiteit Antwerpen.
Donnerstag, 19. November 2020
9:30 Öffnung des digitalen Konferenzraums
9:45 Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer*innen
Korrigieren: Überblick und Konzepte
10:00 Iuditha Balint (Dortmund) / Thomas Ernst (Amsterdam/Antwerpen) / Janneke Eggert (Dortmund): Korrigieren – eine Kulturtechnik. Zur Einführung und zu den Vorab-Korrekturen
10:30 Ines Barner (Essen): Fremdkorrekturen. Systematisierende Perspektiven auf eine unsichtbare Kulturtechnik
Korrigieren als philologische Praxis im Wandel der Zeit
11:45 Julia Nantke (Hamburg): Zwischen Korrektur und Verfälschung: Philologische Verfahren der Normalisierung im 19. Jahrhundert und heute
12:30 Felix Hasebrink / Vanessa Klomfaß / Fynn-Adrian Richter (Bochum): Korrigieren. Eine medien-philologische Annäherung
Korrekturpraktiken und Schuldidaktik
14:30 Sabine Reh (HU Berlin) / Marco Lorenz (Bochum): Nicht genügend? Korrektur und Lehrerurteile in deutschen Abituraufsätzen am Beispiel eines (West-)Berliner Gymnasiums in den 1950er Jahren
15:15 Sabrina Schmitz-Zerres (Duisburg-Essen): Korrekturpraktiken in der Schulbuchproduktion – Die Aushandlung verschiedener Geschichtsdeutungen in Geschichtsbüchern der DDR
Freitag, 20. November 2020
Korrigieren als Medienpraxis im 18. Jahrhundert
10:00 Moritz Ahrens (Bern): Korrigieren als kollaborative Medienpraktik: Literarisches Schaffen und naturwissenschaftliche Forschung im 18. Jahrhundert
10:45 Alexander Weinstock (Hamburg): „Er sticht sie“ – Korrekturprozesse im Soufflierbuch um 1800
Korrekturen und literarische Produktion im 19. und 20. Jahrhundert
11:45 Stavros Patoussis (Saarbrücken) / Mike Rottmann (Freiburg / Halle-Wittenberg): ‚Korrekturhelfer‘, ‚Zuarbeiter‘ oder Co-Autor? Peter Gasts ‚Autorität‘ und die Produktion von Nietzsches Fröhlicher Wissenschaft
12:30 Justus Fetscher (Mannheim): Omnia sunt corrigenda. Zur Figur des Korrigierens bei Thomas Bernhard
Medien der (Auto-)Korrektur im 20. und 21. Jahrhundert
14:45 Marie Millutat (Berlin): Korrigieren mit der Schere
15:30 Karl Wolfgang Flender (Berlin): „Liftoff“ – das Protokoll einer Korrektur
16:30 Ilka Lemke / Katrin Ortmann (Bochum): Sprachliche Normen und Korrekturimpulse in automatisierten Korrekturprozessen
Diskussionsrunden: Korrigieren – eine Kulturtechnik
17:15 Abschlussdiskussion
18:00-19:30 Podiumsdiskussion mit Dirk von Gehlen (Journalist, Süddeutsche Zeitung, München), Mara Genschel (Autorin, Berlin) und Jörg Sundermeier (Verleger, Verbrecher Verlag, Berlin)