CfP/CfA Veranstaltungen

Identität und Authentizität als Legitimierungsstrategien in narrativen Texten

Beginn
29.10.2021
Ende
06.06.2022
Deadline Abstract
25.07.2021

Online-Tagung, Einreichungsfristen: 15.7.2021 / 25.7.2021 / 1.12.2021

Ausgehend von instabilen und prekären Textstrukturen (unreliability, unnatural narrations) und von der Annahme, dass Identität allgemein sprachlich oder durch symbolische Interaktionen entsteht, sollen Erzählverfahren in den Blick genommen werden, die unterschiedliche Identitätstheorien in Zusammenhang mit narrativen Strategien bringen, um Authentizität und dadurch Legitimität zu erlangen. Die zentrifugalen Tendenzen moderner und modernistischer Literatur von der Mitte des 19. bis in die Gegenwart gehen von dem moralischen Primat des idem/der Übereinstimmung zwischen der gesellschaftlichen Persona und dem psychologischen Ich aus und was im Lichte neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu einem ethischen und sozialen Dilemma wird. Dabei sollen spezifisch identitätskonstituierende literarische Verfahren benannt und analysiert werden, die sich in einem kooperativen Gegensatz zu den prekären Textstrukturen bewähren und aus dem Wettbewerb von Unzuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit ästhetischen Profit ziehen. Ein Moment dieses Prozesses kann sich dabei auf die Neukonzeption einer komplexen Stilhaltung beziehen, die die Dynamik verschiedener identitätsbildenden Faktoren widerspiegeln und zur ästhetischen Legitimierung der Literatur führen. Zentrale Analyseansätze umfassen narratologische, rhetorische, texthermeneutische und kulturwissenschaftliche Verfahren. Innerhalb einer ersten Tagung der geplanten Konferenzreihe sollen u.a. folgende Fragestellungen im Vordergrund stehen:

  1. In welcher Form lassen sich die soziologischen Konzepte der „Resonanz“ (Hartmut Rosa) und der „Anerkennung“ (Axel Honneth) in seinen unterschiedlichen Dimensionen auf der Ebene der Autor und Autorinnen, des Rezipierens und des Textes funktionalisieren?
  2. Wird das Verhältnis von subjektzentrierter, kollektiver und globalgesellschaftlicher Identität in der Literatur im Einklang mit aktuellen sozialwissenschaftlichen Diskursen dargestellt? Kann man demzufolge von bewussten literaturästhetischen Stilhaltungen sprechen?
  3. Welche Kausalitätsverhältnisse müssen bei der begrifflichen Bestimmung und der konzeptuellen Darlegung des Zusammenhangs zwischen Identität, Authentizität und Legitimierung in Betracht gezogen werden?

Die Fragestellung bleibt offen und man verspricht sich bei der zweiten Konferenz in Oradea, die als Präsenzphase geplant ist, den Ausgangsfragen weiterhin auf den Grund zu gehen und sie um weitere Fragen zu ergänzen, die folgende Problematiken einschließen könnten:

  1. Wie sind identitätspoetische Schreibweisen in autoritätszentrierten Gattungsdiskursen (z.B. Kriegs- und Heimatliteratur, religiöse und weltanschaulich gebundener Roman) und in kritisch-modernen Erzählweisen (z.B. Anti-Kriegsroman, modernistischer historischer Roman und Zeitroman) konfiguriert?
  2. Gibt es spezifische Legitimierungsstrategien für die Möglichkeiten identitätspoetischer Konstruktionen in den zahlreichen Familienromanen, in den Texten mit BIPoC- oder Migrationshintergrund?
  3. Angesichts der Tatsache, dass Erinnerung und Identität infolge sinnstiftender Mechanismen konstruiert werden, wirft sich die Frage auf, welchen Einfluss erinnerungspolitische Identitäten wie Holocaust, Genozid, religiöse Unterdrückung, ethnische Reinigung, technische und natürliche Katastrophen in der deutschsprachigen Literatur für die (Neu)-Konstruktion von Identität haben.
  4. Inwieweit kann ein Identitätszentrierter Öffentlichkeitsdiskurs zu unerwarteten Tabuisierungs- und Verhängnisverhalten führen und dementsprechend steuert die Literatur bei oder entgegen?

Die Konferenzreihe verteilt sich zunächst auf zwei Termine in den Jahren 2021 und 2022. Der erste Termin am 29. Oktober 2021 wird neben in die Thematik einführenden Vorträgen auch eine Reihe von Impulsvorträgen von Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen anbieten, die anschließend in Workshops diskutiert werden. Zudem sollen Vorträge mit Bezug auf die Fragestellungen 1.-3. Platz finden. Für diesen Termin suchen wir:

  • Kurzvorträge von maximal 15 Minuten (ca. 18.000 Zeichen) Einblick in ein eigenes Forschungsprojekt im Umfeld des Konferenzthemas geben und es im Anschluss in einem der von den Dozenten und Dozentinnen kuratierten Workshops diskutieren. Vorschläge für diese Kurzvorträge (max. 300 Wörter) und eine Kurzbiografie werden bis zum 25. Juli 2021 bei den Veranstaltern eingereicht. Über die angenommenen Präsentationsvorschläge wird Anfang August 2021 entschieden. Die formulierten bzw. konzipierten Präsentationen müssen bis zu 1. Oktober 2021 bei den Veranstaltern eintreffen.
  • Zudem laden wir erfahrene Forscher und Forscherinnen ein, Vortragsvorschläge für das gleiche thematische Umfeld (20 Minuten, ca. 25 000 Zeichen) einzureichen. Diese Vorschläge (max. 300 Wörter) samt einer Kurzbiographie müssen bis zum 15. Juli 2021 eingereicht werden. Dieser erste Termin ist als rein digitale Veranstaltung geplant und wird von der Universität Mainz aus betreut und durchgeführt.

Ansprechpartner: Prof. Dr. habil. Andreas Solbach, identitaetundauthentizitaet@uni-mainz.de; diese Veranstaltung ist für alle Interessierte offen.

 

Der zweite Termin am 03. und 06. Juni 2022 ist primär als Präsenzveranstaltung an der Universität Oradea in Rumänien geplant. Hierfür suchen wir Vorträge von ca. 20 Minuten (25.000 Zeichen) im Umkreis der oben dargestellten Thematik. Diese Vorschläge (max. 300 Wörter) samt einer Kurzbiografie müssen bis zum 1. Dezember 2021 eingereicht werden. Die Teilnahmegebühr für diese Veranstaltung beträgt 60 Euro und sollte die Kosten für die Kaffeepausen und Konferenzmaterialien abdecken. Reise- und Aufenthaltskosten können nach gegenwärtigem Stand nicht übernommen werden; die Publikation einer Auswahl der Beiträge ist vorgesehen.

Ansprechpartnerin: Conf. univ. Dr. Veronica Buciuman, identitaetundauthentizitaet@uni-mainz.de

 

Impuls-Bibliografie:

Identität:

Abels, Heinz: Identität. 3. Aufl. Wiesbaden 2017 (zuerst 2006).

Appiah, Kwame Anthony: The Lies That Bind. Rethinking Identity. Creed, Country, Colour, Class, Culture. London 2019.

Coulmas, Florian: Identity. A Very Short Introduction. Oxford 2019.

Delitz, Heike: Kollektive Identitäten. Bielefeld 2018.

Hall, Stuart: Ausgewählte Schriften. Bd. 2: Rassismus und kulturelle Identität. Hamburg 1994.

Eickelpasch, Rolf u. Claudia Rademacher: Identität. 4. Aufl. Bielefeld 2013

Straub, Jürgen: Identität. In: Friedrich Jaeger u. Burkhard Liebsch (Hg.): Handbuch der Kulturwissenschaften. Bd. 1: Grundlagen und Schlüsselbegriffe. Stuttgart, Weimar 2004, S. 277-303.

Anerkennung, Singularität und Resonanz:

Honneth, Axel: Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte. Frankfurt 1994.

Reckwitz, Andreas: Subjekt. 4., aktual. u. erg. Aufl. Stuttgart 2021.

Rosa, Hartmut: Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin 2020.

Taylor, Charles: Multikulturalismus und die Politik der Anerkennung. Frankfurt 2009 (zuerst engl. 1992).

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur aus Deutschland/Österreich/Schweiz, Literaturtheorie, Hermeneutik, Literatur und Psychoanalyse/Psychologie, Literatur und Soziologie, Literatur und Kulturwissenschaften/Cultural Studies, Literatur und Philosophie, Rhetorik, Stoffe, Motive, Thematologie, Literatur des 20. Jahrhunderts, Literatur des 21. Jahrhunderts
Identität

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Datum der Veröffentlichung: 14.06.2021
Letzte Änderung: 14.06.2021