CfP/CfA Publikationen

Expressionismus 20/2024 Selbstporträts

Deadline Abstract
01.01.2024
Deadline Beitrag
01.07.2024

Selbstporträts

Expressionismus, Ausgabe 20/2024

Herausgegeben von Kristin Eichhorn und Johannes S. Lorenzen

 

Das Selbstporträt gehört zu den klassischen Motiven der Malerei, führt darüber hinaus aber auch zu der für die Moderne zentralen Frage nach den Wechselwirkungen zwischen Künstler*in und Werk. Es rückt den Produktionsprozess ebenso ins Zentrum wie den Menschen dahinter und erlaubt so neben der programmatischen Selbstverortung auch eine Diskussion über Art und Rolle künstlerischen Schaffens, die weit über bildende Kunst hinausgeht. In der Moderne werden deren mediale Möglichkeiten durch die Fotografie entscheidend erweitert, auch die Selbstdarstellung der kunstschaffenden Persönlichkeit verändert sich – man denke an die Akte von Egon Schiele, der sich oft selbst nackt und stilisiert malte und damit durchaus für Kontroversen sorgte. Künstlerische Selbstinszenierung durch Spiegelung der eigenen Person im eigenen Werk ist auch in der Literatur möglich und weit verbreitet. So ist es kein Zufall, dass viele Protagonisten im Werk Franz Kafkas als „K“ eingeführt werden und die frühen Romane von Johannes R. Becher autobiografische Züge aufweisen bzw. reale Lebensereignisse des Autors verarbeiten. Hintergrund dieser neuen Fokussierung auf das Selbst sind nicht zuletzt auch das Aufkommen der Psychoanalyse und dem Begriff eines ‚Ichs‘, das sich vor dem Hintergrund verdrängter Traumata und Sexualität gesellschaftlich konstituieren muss, sowie der weitgehende Wegfall religiöser und spiritueller Bedeutungsmuster, die das moderne Subjekt auf die eigene Biografie und die eigenen Lebensentscheidungen zurückwirft.

Hat es das self-fashioning (Stephen Greenblatt) schon in der Renaissance gegeben, nimmt der Druck zur Selbstinszenierung vor dem Hintergrund miteinander konkurrierender und oft kurzlebiger (avantgardistischer) Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch einmal deutlich zu, die nicht ohne Grund ihre Positionen durch so viele Manifeste begründen. Hinzu kommt, dass die Rolle des Künstlers zeitgenössisch stark über seine Rolle zur Gesellschaft definiert wird. Er kann als poeta vates eine quasireligiöse Seherfigur darstellen, sich entweder durch Elitarismus oder durch Provokation und Antibürgerlichkeit von der restlichen Gesellschaft absetzen und in mehr oder weniger konkreter politischer Verankerung ihre grundlegende Veränderung anstreben: In jedem Fall gehen Kunst und Leben eine enge Verbindung ein, bezeugen und beglaubigen sich gegenseitig. Künstlertum gilt es biografisch in Szene zu setzen und das Werk muss wiederum zu der Persona passen, der sich sein*e Erschaffer*in verpflichtet fühlt. So sind die Grenzen zwischen Fiktion und Realität nicht zuletzt in der Literatur des Expressionismus fließend, etwa wenn Else Lasker-Schüler als Figur in ihren Texten auftaucht, dort eine fiktive Identität als Prinz Jussuf annimmt, als der sie gleichzeitig wiederum im realen Leben auftritt.

Häufig hat das Selbstporträt im Expressionismus also keine rein abbildende Funktion. Es entwickelt sich vielmehr ein komplexes Wechselspiel zwischen Original und Abbild, das die Grenzen zwischen beiden ebenso verwischt, wie es die Frage aufwirft, wo die Kunst endet und das Leben beginnt. Das geplante Heft möchte diesen und anderen Aspekten des Selbstbildnisses im Expressionismus vertieft nachgehen. Dabei sind sowohl Überlegungen zur generellen Praxis der Selbstverortung und Selbstinszenierung möglich wie auch die Auseinandersetzung mit einzelnen (bildkünstlerischen) Selbstporträts bzw. Alter Egos in narrativen Formaten (Literatur, Film).

Abstracts zu diesen, aber gerne auch anderen thematisch einschlägigen Aspekten von nicht mehr als 2.000 Zeichen senden Sie bitte bis zum 1. Januar 2024 an eichhorn@neofelis-verlag.de und lorenzen@neofelis-verlag.de. Zudem werden unabhängig vom Thema des Hefts auch immer Vorschläge für Rezensionen oder Diskussionsbeiträge zu aktuellen Forschungsdebatten entgegengenommen, die Phänomene der aktuellen Expressionismus-Rezeption vorstellen und besprechen.

Die fertigen Beiträge sollten einen Umfang von 20.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen und Fußnoten) nicht überschreiten und sind bis zum 1. Juli 2024 einzureichen. Das Heft im November 2024.

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur und andere Künste, Literatur und Visual Studies/Bildwissenschaften, Autobiographie, Literatur des 19. Jahrhunderts, Literatur des 20. Jahrhunderts

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ISSN: 2363-5592

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Datum der Veröffentlichung: 15.09.2023
Letzte Änderung: 15.09.2023