CFP Themenheft zum Zusammenspiel von Text und Bild im Reisebericht Mobile Culture Studies. The Journal
Beitragsaufruf für ein Themenheft des Open Access Journals
Mobile Culture Studies. The Journal
Reiseliteratur ist charakterisiert von dem Zusammenspiel von Bild und Text, das Form und Ästhetik der Berichte kennzeichnet sowie deren Ideologie transportiert. Mobile Culture Studies lädt zu Beiträgen zu diesen Aspekten in seiner nächsten Ausgabe ein:
Reisebilder/Bilderreisen – zum Zusammenspiel von Text und Bild im Reisebericht
GastherausgeberInnen: Sandra Vlasta und Birgit Englert
„To travel is to see“hält Bernard McGrane fest, und das Schreiben über Reisen ist der Versuch, das Gesehene festzuhalten – in Worten und/oder in visueller Form. Dementsprechend gehtes bei „Reiseliteratur“ nicht nur um geschriebene Texte, sondern in gleichem Ausmaß um visuelle Elemente, sei es in der Form von Bildern, Zeichnungen, Skizzen, (Aus-)Blicken, An- und Aussichten, Blickwinkeln, Sichtweisen etc., egal ob diese mit Worten gezeichnet oder tatsächlich auch visuell dargestellt sein mögen. Eine willkürliche Aneinanderreihung einiger Titel von Reiseberichten (und Reiseblogs) unterstreicht dies:Pictures from Italy/Italienisches Bilderbuch/Sketches of Spain/Impressions de voyage/Reiseaufnahmen/Blickgewinkelt.Illustrationen wie Karten, auf der Reise angefertigte Skizzen, Zeichnungen, Fotos und Filme, nachträglich ergänztes visuelles Material, Landschaftsaufnahmen, dokumentierende visuelle Elemente etc. waren seit jeher Bestand von Reiseberichten. Bildmaterial mag dabei eine Möglichkeit sein, nicht Verbalisierbares zu transportieren. Bilder und Blicke dienen außerdem dazu, dem Erlebten und Erzählten Authentizität zu verleihen und sie unterstreichen die Glaubwürdigkeit der Reisenden/ErzählerInnen. Gleichzeitig lenken sie den Blick und schreiben bestimmte Sichtweisen noch stärker fest als dies durch Texte passiert. Dabei sind visuelle Darstellungen nur scheinbar realistisch: „[visual representation] distorts rather than reflects social reality“], halten Giorgia Alù und Sarah Patricia Hill fest. Illustrationen in Reiseberichten haben damit einen großen Anteil an der Konstruktion von Differenz, von Eigen- und Fremdbildern (Auto- und Heteroimagines) und an der Entstehung von Stereotypen und Klischees.
Diese Ausgabe von Mobile Culture Studies. The Journal›mcsj›widmet sich dem Verhältnis zwischen Text und Bild im Reisebericht. Reiseberichte werden dabei im Sinne der Travel Writing Studies als Berichte über Reisen verstanden, die die ErzählerInnen/AutorInnen tatsächlich unternommen haben. Das Reisen verstehen wir als eine spezifische Form von Mobilität, die sich durch bestimmte Charakteristika auszeichnet und sich dadurch von anderen Formen der Mobilität unterscheidet – auch wenn die Abgrenzung in vielerlei Hinsicht unscharf sein kann. Im Rahmen der Mobility Studies finden wir gerade auch die Frage spannend, inwiefern sich das Reisen von anderen Formen der Mobilität unterscheidet und wie das im Schreiben darüber zum Ausdruck kommt? Wie andere mobile Praktiken auch, ist das Reisen von Strukturkategorien wie Geschlecht, Generation, Klasse, „Rasse“ und anderen geprägt. Wir freuen uns auf Analysen, die sich mit den Auswirkungen dieser Kategorien auf die Reiseerfahrung und ihrer Beschreibung auseinandersetzen und die generell historische wie gegenwärtige politische, wirtschaftliche und soziale Hintergründe miteinbeziehen.
Berichte über die Reisen können ganz unterschiedliche Formen haben. Willkommen sind einerseits Beiträge, die sich mit dem Reisebericht in gedruckten und in der Regel lektorierten Formaten auseinandersetzen (etwa klassische Berichte, Graphic Novels oder Bildbände). Andererseits freuen wir uns auch auf Analysen von Formaten wie dem Reisetagebuch, das in den letzten 20 Jahren zum Beispiel in Form von Blogs zunehmend zu einem unmittelbar öffentlich verfügbaren (und oft ausschließlich von den VerfasserInnen autorisierten) Text wurde. Damit wird auch schon deutlich, dass der zeitliche Rahmen dieses Heftes ein weiter ist, der bis in die Gegenwart reicht.
Unser Verständnis von „Text“ und „Bild“ ist weit gefasst – im Zentrum steht die Frage nach dem Wechselspiel zwischen verbal Formuliertem (Text) und visuell Präsentiertem (Bild: Skizzen, Zeichnungen, Bilder, Karten, Fotos, Filme etc.) im Reisebericht, wobei diese beiden Elemente auch überlappen können, zum Beispiel in Form der Ekphrasis oder von Texten, die Bildern eingeschrieben sind, wie zum Beispiel im Comic.
Folgende Aspekte können im geplanten Heft im Zentrum stehen:
- (gemeinsame/alternative) Funktionen von Text und Bild und deren Verhältnis zueinander
- Ideologische Aspekte des Verhältnisses zwischen Bild und Text
- Historische Wandlung des Text-Bild-Verhältnisses im Reisebericht
- Aspekte der Produktion von Text-Bild-Verhältnissen
- Aspekte der Rezeption von Text-Bild-Verhältnissen
- der (literarische) Markt/das literarische Feld und das Text-Bild-Verhältnis
- Auto- und Heteroimagines/self and other und das Text-Bild-Verhältnis
- das Text-Bild-Verhältnis und die Konstruktion von Differenz
- Text, Bild und Landschaft im Reisebericht
- das Pittoreske und das Text-Bild-Verhältnis
- Positionierung der AutorInnen/ErzählerInnen und das Text-Bild-Verhältnis
- Fragen von Macht und Hierarchie im Text-Bild-Verhältnis: Wer bildet ab? Wer wird abgebildet?
- Postkoloniale und dekoloniale Auseinandersetzungen mit dem Text-Bild-Verhältnis
- Gender und Generation im Text-Bild-Verhältnis
- Stereotype und das Text-Bild-Verhältnis; alternative Strategien
- Bildproduktion, -reproduktion
- der Raum zwischen Bild und Text
Weitere Fragestellungen sind willkommen!
Neben klassischen wissenschaftlichen Artikeln sind auch Beiträge in anderen Formaten im Heft willkommen und durch das Online-Format der Zeitschrift möglich. (Wissenschaftliche) Interviews, das dialogische Verfassen von Beiträgen (also keine gemeinsame Autorschaft im klassischen Sinn, sondern eher polyphone Beiträge, in denen die Stimmen der einzelnen Autoren noch deutlich zu vernehmen sind), Audiodaten in Form von Podcasts, aber auch kreative Auseinandersetzungen mit dem Thema (etwa in Form von Erzählungen, Gedichten, Illustrationen) sind einige der Möglichkeiten.
Das Open Access Journal Mobile Culture Studies. The Journal ›mcsj›gibt es seit 2015. Es fußt in den Geistes- und Sozialwissenschaften und ging aus einer 2010 initiierten, gleichnamigen internationalen und transdisziplinären Plattform hervor. ›mcsj›positioniert sich im transdisziplinären Feld der Mobility Studies und publiziert forschungsbasierte Beiträge zu kulturellen und sozialen Migrationsphänomenen und ihren Gegennarrativen, zu historischen Zeugnissen menschlicher mobiler Praktiken, zu Repräsentationen von Bewegung und Beweglichkeit in der mündlichen, schriftlichen oder visuellen Kultur und zu sich ändernden Konzepten von Mobilität.
›mcsj› heißt den Einbezug verschiedenster Quellen willkommen, sowohl Texte (Briefe, Tagebücher, Romane) als auch Bilder (Zeichnungen, Gemälde, Fotografien) oder Tondokumente (Soundscapes, Gesang, Musik). Gemäß den Regeln von ›mcsj› können für das Heft 2020 Beiträge in folgenden Sprachen eingereicht werden: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch (siehe http://www.mobileculturestudies.com/mcsj/submitting.pdf); bei nicht auf Englisch verfassten Beiträgen wird um ein zweiseitiges englisches Abstract gebeten. Die Beiträge durchlaufen ein peer reviewVerfahren. Texte können bis zu 8.000 Wörter umfassen.
Einreichungen mit einem Arbeitstitel, einem Abstract von rund 350 Wörtern und einem Kurz-CV sind an die Gast-Herausgeberinnen erbeten:
birgit.englert@univie.ac.at, Assoz. Prof. Dr. Birgit Englert, Universität Wien, und
savlasta@uni-mainz.de, Dr. Sandra Vlasta, Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Einsendeschluss für Abstracts ist der 1. Dezember 2019.
Die Benachrichtigung über die Annahme erfolgt bis Mitte Dezember 2019.
Die fertigen Beiträge sind bis 15. März 2020 einzureichen.
Danach folgt ein Begutachtungsverfahren und gegebenenfalls eine Überarbeitungsphase. Die Publikation erfolgt im Dezember 2020.