
Im Rahmen seiner Kooperation mit dem FID AVL veröffentlicht das Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL) seine im Kulturverlag Kadmos erschienen Publikationen frei zugänglich auf CompaRe. Dort stehen sie nach einer Moving Wall von zwei Jahren zur Verfügung.
Vor kurzem sind drei Monographien und ein Sammelband hinzugekommen. Hier finden Sie Links sowohl zu den Monographien als auch zu den einzelnen Beiträgen des Sammelbandes
Zaal Andronikashvili, Emzar Jgerenaia, Franziska Thun-Hohenstein: Landna(h)me Georgien. Studien zur kulturellen Semantik
Im 19. und 20. Jahrhundert war Georgien mit Ausnahme der Jahre der kurzlebigen Georgischen Demokratischen Republik (1918–1921) Bestandteil des russischen und später des sowjetischen Imperiums. Als Gegenstand von Hegemonialkämpfen zwischen Nationen und Imperien wurde der politische Raum des georgischen Feudalkönigreiches und der geographische Raum zwischen dem Kaukasus und dem Schwarzen Meer seit der Antike immer wieder symbolisch und affektiv aufgeladen, gedeutet und umgedeutet. Diese Kollektivmonographie rekonstruiert die Wechselwirkung geopoetischer und geopolitischer Verschiebungen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, die Erfindung des Kaukasus als eines einheitlichen geokulturellen Raumes, die kulturelle Semantisierung des Schwarzen Meeres und der Kolchis erstmalig als einen Dialog zwischen georgischen, abchasischen und russischen Perspektiven.
Rosa Eidelpes: Entgrenzung der Mimesis. Georges Bataille - Roger Caillois - Michel Leiris
Dieses Buch untersucht Konzeptionen der Mimesis und des Mimetischen in der Kontaktzone zwischen Ethnologie und (post-)surrealistischer Avantgarde im Paris der 1930er Jahre: bei Georges Bataille, Roger Caillois, Michel Leiris und im außerakademischen Forschungskollektiv Collège de Sociologie. In den Texten und Projekten der drei Autoren kreuzen sich ästhetische und ethnologische Diskurse - mit dem Ergebnis einer umfassenden 'Entgrenzung' der Mimesis und des Mimetischen. Die künstlerischen, wissenschaftlichen und politischen Praktiken, die im Zentrum von Batailles, Caillois' und Leiris' Überlegungen standen, sind nicht auf die optische imitatio oder die bloß poietische Neuschaffung der Welt beschränkt. Sie sollten vielmehr umfassende Transformationsprozesse initiieren, die nicht zuletzt das mimetisch agierende Subjekt selbst erfassen. Eine Studie über die Einschreibung des sogenannten 'Primitiven' in die künstlerischen und literarischen Diskurse zu Beginn des 20. Jahrhunderts, über die Faszination der Avantgarde für 'primitive Denkweisen' und den Wunsch, sich diese Denkweisen auf mimetische Art und Weise anzueignen - und über die umfassenden ästhetiktheoretischen Revisionen, die daraus folgten.
Mariela Vargas: Baltasar Graciáns Spuren in den Schriften Walter Benjamins
Ziel dieses Buches ist es, Benjamins Gracián-Lektüre im Kontext der deutschen Auseinandersetzung mit dem Barock in der Moderne zu verorten und dabei die zentrale politische und theoretische Bedeutung von Graciáns Klugheitslehre in Benjamins Schriften aufzuzeigen. Gracián ist nicht nur eine der Quellen der anthropologischen Ausrichtung von Benjamins Aphorismen, sondern dessen Schriften stellen auch ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Trauerspielbuch und Benjamins Produktion der dreißiger Jahre dar. Die Auseinandersetzung mit Gracián führt Benjamin zu einem neuen Konzept einer wirksamen Schreib-Praxis sowie einer politisch wirksamen Schrift.
Anne-Kathrin Reulecke, Margarete Vöhringer (Hg.): Sehstörungen. Grenzwerte des Visuellen in Künsten und Wissenschaften
Welche Bedeutung haben psychogene Sehstörungen, rotierende Scheiben, blinde Kinder, spiritistische Erscheinungen, Wahrnehmungsexperimente und erblindete Fotografen für die Entwicklung der Disziplinen Physiologie und Ophthalmologie oder auch für ästhetische und literarische Diskurse? Wie haben sie unser Verständnis vom Sehen geprägt, das längst nicht mehr als rein physiologische Fähigkeit, sondern vielmehr als sozial, historisch und kulturell präfigurierte Aktivität gilt? Die Beiträge des interdisziplinären Bandes zeigen, dass sich das Wissen vom Sehen und vom Auge maßgeblich über die Grenzen des Sehens konstituiert. Ob in physiologischen, philosophischen oder psychoanalytischen Diskursen; ob in der Literatur, der bildenden Kunst oder im Film - stets sind es der Ausfall des Visuellen, die Trübung des Blicks oder die Einschränkung des Sichtfeldes, die Auskunft darüber geben sollen, wie das 'richtige' Sehen funktioniert.
- Anne-Kathrin Reulecke, Margarete Vöhringer: Einleitung
- Bernd Stiegler: Ich sehe was, was du nicht siehst. Arthur Conan Doyle und die spiritistische Fotografie
- Anne-Kathrin Reulecke: Double blind. Psychogene und psychosomatische Sehstörungen nach Siegmund Freud und Georg Groddeck
- Burkhardt Wolf: Der befremdete Blick. Robert Musils Sehversuche
- Irina Sandomirskaja: Das blinde Kind. Lev Vygotskijs Defektologie als poetische und politische Allegorie
- Sigrid Leyssen: Wissen, das das Sehen stört. Edward Bradford Titcheners und Albert Michottes wahrnehmungspsychologische Experimente
- Alexandra Tacke: Blinde im Blick. Martin Roemers "The Eyes of War" (2012) und das Werk Evgen Bavčars
- Nina Rippel: Das Nicht-Sichtbare als Evidenz. Betrachtungen einer filmischen Praxis