CfP/CfA Veranstaltungen

Autor:innenschaft und/als Arbeit: Zum Verhältnis von Praktiken, Inszenierung und Infrastrukturen um 1800, 1900 und 2000

Beginn
15.09.2022
Ende
16.09.2022
Deadline Abstract
31.10.2021
Deadline Anmeldung
31.10.2021

CfP: Autor:innenschaft und/als Arbeit: Zum Verhältnis von Praktiken, Inszenierung und Infrastrukturen um 1800, 1900 und 2000

Tagung am Institut für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Innsbruck, 15.–16.09.2022

Die Tagung wird als Hybridtagung analog und digital durchgeführt.

Veranstalterinnen: Dr. Alena Heinritz (Innsbruck) und Prof. Dr. Julia Nantke (Hamburg)

English version below

Mit dem Konzept der Autor:innenschaft verbinden sich in Abhängigkeit von diskursiven und historischen Bedingungen verschiedene Funktionen, die in praxeologischer Perspektive mit unterschiedlichen Formen der geistigen und/oder materiellen Arbeit verknüpft sind. Allerdings besteht gerade im Bereich literarischer Autor:innenschaft die Tendenz, bestimmte Formen der Arbeit bewusst auszublenden, was den Blick auf die Differenz von Arbeitspraktiken und Inszenierungsstrategien von Autor:innenschaft lenkt. Die (wenn auch prekäre) Existenz von Autor:innen ohne Werk (vgl. Efimova 2018: 7f.) wirft zudem die Frage danach auf, an welche Tätigkeiten sich Autor:innenschaft hier stattdessen knüpft. Das Verhältnis von Autor:innenschaft und Arbeit ist grundlegend als ein wechselwirkendes zu perspektivieren: Autor:innenschaft konstituiert sich anhand bestimmter Formen der Arbeit. Umgekehrt wirkt sich Autor:innenschaft als Kreativ-, Schreib- und/oder Inszenierungspraxis auf die Vorstellung dessen aus, was in bestimmten Kontexten als Arbeit angesehen wird. In beiden Blickrichtungen geht es nicht zuletzt darum, welche Akteur:innen diskursiv an welchen Positionen zwischen Autor:innenschaft und (Zu-)Arbeit verortet werden. Mit Latour zählen zu diesen Akteur:innen nicht nur die beteiligten Personen, sondern es rücken ebenso die nicht-menschlichen Aktant:innen in den Fokus, die an der Hervorbringung von literarischen Texten beteiligt sind (Latour: 2010: 122ff.). Sowohl die aktuellen Debatten um die Produktion literarischer Texte mithilfe von KI als auch die zunehmende Erschließung und Zugänglichmachung von Notizbüchern und Autor:innenbibliotheken zeugen in diesem Zusammenhang von der Relevanz der historisch determinierten materiell-medialen Infrastrukturen, in und mit denen geschrieben, publiziert, präsentiert und rezipiert wird.

Die Tagung möchte vor diesem Hintergrund das Verhältnis der Konzepte Autor:innenschaft und Arbeit in historischer Perspektive in den Blick nehmen, um konzeptuelle Kontinuitäten und (medial verursachte) Brüche in der Relationierung von Autorschaft und Arbeit zu ermitteln. Dem dezidierten Blick auf die Bruchstellen der Aufschreibesysteme (Kittler 1985) um 1800, 1900 und 2000 liegt die These zugrunde, dass die Bedingungen für Autor:innenschaft sowie das Spannungsfeld zwischen Produktions- und Inszenierungspraktiken besonders in solchen Umbruchsituationen des jeweiligen medialen Dispositivs sichtbar werden. Diese Umbruchsituationen, so die zweite These, gehen einher mit „ästhetischen Bewegungen“ (Reckwitz 2012: 94f), die sich durch eine nachdrückliche Auseinandersetzung mit Medium und Material auszeichnen. Die Paradigmenwechsel des jeweiligen medialen Dispositivs bedingen nach Reckwitz zudem weitreichende Veränderungen der Subjektstrukturen. In den besonderen soziomedialen Situationen der ästhetischen Bewegungen erfahren die Diskurse um Arbeit und Autor:innenschaft, so die dritte These, eine intensive Diskussion. In keinen anderen Epochen werden die Wechselverhältnisse zwischen Arbeit und Autor:innenschaft so nachdrücklich reflektiert, emphatisch betont oder abgelehnt wie in Romantik (um 1800), Avantgarde (um 1900) und Spätmoderne (um 2000).

Zentrale Fragen, die im Rahmen der Tagung in historisch-vergleichender Perspektive diskutiert werden sollen, sind u.a.:

  • In welchen Zusammenhängen wird Autor:innenschaft als Arbeit perspektiviert und von wem (den Autor:innen selbst, Wissenschaftler:innen, dem Publikum, dem Rechtssystem…)?
  • Welche Art von Arbeit wird als Autor:innenschaft anerkannt, gewürdigt (geistige vs. körperliche Arbeit, Konzept und/vs. Realisierung…)? Welche Arbeitspraktiken im Umfeld der Literaturproduktion bleiben unsichtbar?
  • Wer ist an dieser Arbeit beteiligt (geistige Schöpfer, Schreibende, Verleger, Rezipierende, Objekte…)?
  • Wie ist das Verhältnis von Arbeitspraktiken und Inszenierung derselben?
  • Inwieweit sind mediale Dispositive, räumliche Bedingungen und Schreibwerkzeuge an der Konzeptualisierung und Inszenierung von Autor:innenschaft als Arbeit beteiligt (Schreibszene; Stift, Papier, Schere, Schreibmaschine oder PC als konkrete Arbeitswerkzeuge; KI als Autorin…)?

Bitte schicken Sie ein Abstract (max. 500 Wörter) für einen 20-minütigen Vortrag in deutscher oder englischer Sprache sowie eine kurze biobibliografische Notiz bis spätestens 31.10.2021 an Alena Heinritz (alena.heinritz[at]uibk.ac.at) oder Julia Nantke (julia.nantke[at]uni-hamburg.de).

Eine Publikation der Tagungsergebnisse ist geplant.

Die Übernahme der Reise- und Übernachtungskosten wird angestrebt.

 

Literatur:

Svetlana Efimova: Einleitung. Autor und Werk. Dynamik eines (un-)problematischen Verhältnisses. In: Autor und Werk. Wechselwirkungen und Perspektiven. Sonderausgabe # 3 von Textpraxis. Digitales Journal für Philologie (2.2018). Hg. v. S. Efimova. DOI: http://dx.doi.org/10.17879/77159531451.

Friedrich A. Kittler: Aufschreibesysteme 1800, 1900. München 1985.

Bruno Latour: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie. Frankfurt a.M. 2010.

Andreas Reckwitz: Gesellschaftliche Moderne und ästhetische Moderne. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 37.1 (2012), S. 89–98.

CfP: Authorship and/or Work: On the Relationship between Practices, Staging, and Infrastructures around 1800, 1900 and 2000

Conference at the Institute for Comparative Literature of the University of Innsbruck, 15.–16.09.2022

The conference will be held as a hybrid analog and digital conference.

Organizers: Dr. Alena Heinritz (Innsbruck) and Prof. Dr. Julia Nantke (Hamburg).

The concept of authorship is – depending on discursive and historical conditions – associated with various functions that, from a praxeological perspective, are linked to different forms of intellectual and/or material work or labor. However, especially in the field of literary authorship, there is a tendency to deliberately omit certain forms of work, which draws attention to the difference of practices of work and staging strategies of authorship. The (albeit precarious) existence of authors without an œuvre (cf. Efimova 2018: 7f.) also raises the question of which activities authorship is linked to instead. The relationship between authorship and work is to be seen fundamentally as an interactive one: Authorship is constituted by certain forms of work. Conversely, authorship as a creative, writing, and/or staging practice affects the idea of what is considered as work in certain contexts. In both perspectives, it is not least a matter of which actors are discursively located at which positions between authorship and work. According to Latour, these actors include not only the persons involved, but also non-human actors who are involved in the production of literary works (Latour: 2010: 122ff.). In this context, both the current debates about the production of literary texts with the help of AI and the increasing indexing and accessibility of notebooks and authors’ libraries testify to the relevance of the historically determined material-media infrastructures in and with which writing, publishing, presenting, and reception takes place.

Against this background, the conference will focus on the relationship between the concepts of authorship and work to identify conceptual continuities and (medially caused) ruptures in the relation between authorship and work. The dedicated view of the ruptures in the writing systems (Kittler 1985) around 1800, 1900, and 2000 is based on the thesis that the conditions for authorship as well as the field of tension between production and staging practices become particularly visible during such changes in the respective media dispositive. These situations of change, according to the second thesis, go hand in hand with “aesthetic movements” (Reckwitz 2012: 94f) that are characterized by an emphatic engagement with medium and material. According to Reckwitz, the paradigm shifts of the respective medial dispositive also condition far-reaching changes in subject structures. In the particular socio-medial situations of the aesthetic movements, the discourses of work/labor and authorship, according to the third thesis, experience an intensive discussion. In no other epochs are the interrelations between work and authorship so emphatically reflected upon, emphasized, or rejected as in Romanticism (around 1800), the avant-gardes (around 1900), and late modernism (around 2000).

Central questions that will be discussed in the framework of the conference in a historical-comparative perspective include:

  • In which contexts is authorship conceptualized as work and by whom (the authors themselves, scholars, the public, the legal system...)?
  • What kind of work is recognized, appreciated as authorship (mental vs. physical labor, concept and/ or implementation...)? What practices of work are dissimulated in the environment of literary production?
  • Who is involved in this work (intellectual creators, writers, publishers, recipients, objects...)?
  • What is the relationship between practices of work and their stagings?
  • To what extent are media dispositives, spatial conditions, and writing tools involved in the conceptualization and staging of authorship as work (writing scene; pen, paper, scissors, typewriter, or PC as concrete working tools; AI as author...)?

Please send an abstract (max. 500 words) for a 20-minute presentation in German or English and a short biobibliographical note to Alena Heinritz (alena.heinritz[at]uibk.ac.at) or Julia Nantke (julia.nantke[at]uni-hamburg.de) by October 31,2021.

A publication of the conference results is planned.

We aim to cover travel and accommodation costs.

Bibliography:

Svetlana Efimova: Einleitung. Autor und Werk. Dynamik eines (un-)problematischen Verhältnisses. In: Autor und Werk. Wechselwirkungen und Perspektiven. Sonderausgabe # 3 von Textpraxis. Digitales Journal für Philologie (2.2018). Ed. by S. Efimova. DOI: http://dx.doi.org/10.17879/77159531451.

Friedrich A. Kittler: Aufschreibesysteme 1800, 1900. München 1985.

Bruno Latour: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie. Frankfurt a.M. 2010.

Andreas Reckwitz: Gesellschaftliche Moderne und ästhetische Moderne. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 37.1 (2012), pp. 89–98.

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Textgeschichte, Editionstechnik, Handschriftenkunde, Literaturtheorie, Medientheorie, Digitale Literatur
Arbeit und Literatur; Autor:innenschaftsforschung; Romantik; Avantgarde; Spätmoderne

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Ansprechpartner

Einrichtungen

Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Institut für Vergleichende Literaturwissenschaft
Universität Hamburg
Institut für Germanistik
Neuere deutsche Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Digital Humanities für Schriftartefakte

Adressen

Innrain 52d
6020 Innsbruck
Österreich
Beitrag von: Alena Heinritz
Datum der Veröffentlichung: 17.09.2021
Letzte Änderung: 17.09.2021