Utopische Medien
Universität Basel, 7.-8. Februar 2020
Organisiert von Caspar Battegay
AG für Populärkultur der Jungen Akademie der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Die Mediengeschichte ist reich an Utopien. So waren technische Innovationen wie etwa der Buchdruck, das Radio oder offensichtlich das Internet immer von utopischen Vorstellungen begleitet. Dem neuen Medium wurde jeweils die Fähigkeit zugesprochen, eine optimierte Welt zu ermöglichen und die Gesellschaft auszusöhnen. Diese Perspektive hat sich unter dem Eindruck der digitalen Datenproblematik ins Negativ verkehrt. So gibt es in der Gegenwartsliteratur seit einigen Jahren eine kaum mehr zu überblickende Anzahl von dystopischen Erzählungen zur Digitalität.
Doch diese utopischen und dystopischen Konnotationen von neuen Medien bilden nur die eine Seite der Beziehung zwischen Technikgeschichte und Fiktion. Denn auf der anderen Seite werden in erzählten Utopien als zentrale Motive immer wieder verschiedene fiktive oder in ihrer Funktion stark fiktional überformte Medien imaginiert und antizipiert. Dies lässt sich schon in Thomas Morus’ Utopia beobachten und zieht sich über die literarischen Utopien des Barocks und des 18. Jahrhunderts über die Moderne und die klassischen Dystopien von Aldous Huxley oder George Orwell bis zu den Serien unserer Gegenwart oder Sibylle Bergs Roman GRM Brainfuck von 2019.
In Literatur und Film sind solche fiktiven Medien wie „telescreens“ oder Sternenzeitungen Motive für die erzählte Handlung. Sie reflektieren aber auch das Medium des Erzählens selbst und lassen sich als selbstbezügliche Momente der verschiedenen Erzählverfahren deuten.
Der Workshop bringt Literatur-, Medien- und Musikwissenschaften sowie soziologische Perspektiven ins Gespräch. Im Zentrum steht dabei das Wechselspiel von Technikgeschichte und Fiktion sowie das Nachdenken über die aktuellen Möglichkeiten der Digitalität und deren Imaginationspotential.
Ort: Deutsches Seminar, Universität Basel, Nadelberg 4, 4051 Basel
Der Workshop ist öffentlich. Kontakt: caspar.battegay@unibas.ch
https://www.diejungeakademie.de/fileadmin/user_upload/Bilder/Aktivitaeten/Projekte/2020012...
Programm
Freitag, 7. Februar 2020
13.00
Begrüßung
13.30
Uta Böhme (FU Berlin)
„Auf den Flügeln des Lichtstrahles“: Physik und Utopie im 19. Jahrhundert
14.45
Robert Leucht (Universität Lausanne)
Schablonen, Reissbretter, Modelle: Ingenieurfiguren und ihre Medien
15.30
Pause
16.00
Julia Grillmayr (Kunstuniversität Linz)
Texte, die etwas tun sollen: Überlegungen zur Geschichte und Medienspezifik des Szenarios
16.45
Caspar Battegay (Universität Basel)
Die Medien der Alternate History
17.30
Miriam Akkermann (Universität Dresden)
Wie klingt Zukunft? Vertonung von technologischen Utopien im Film
Samstag, 8. Februar 2020
09.00
Berit Glanz (Universität Greifswald)
Twitter und Gegenwartsliteratur: Die Utopie einer Gegenöffentlichkeit
09.45
Benjamin Beil (Universität Köln)
Games/Life/Utopia: Utopien des Computerspiels
10.30
Pause
11.00
Robert Seyfert (Universität Duisburg Essen)
Die Autonomiefiktionen des automatisierten Fahrens
11.45
Shintaro Miyazaki (Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW)
Genossenschaftliches Computing für Commoning als Techno-Utopie angesichts der Klimakrise: Theorie und Entwurf
12.30
Abschluss