Ein Ort, viel Raum(theorie)? – Tagung zu literarischen Imaginationen gleicher Räume/Orte
Welche neuen Erkenntnisse lassen sich gewinnen, wenn ein bestimmter Raum oder konkreter Ort in unterschiedlichen literarischen Texten vergleichend analysiert wird? Diese Frage bildet den Ausgangspunkt der Veranstaltung Ein Ort, viel Raum(theorie)? – Tagung zu literarischen Imaginationen gleicher Räume/Orte. An der Vielzahl der Konferenzen und Publikationen im Zusammenhang des spatial turn in den Literatur- und Kulturwissenschaften lässt sich eine breit gefächerte Diskussion um Fragen von Literatur und Raum beobachten. Die Diversität und Kontingenz literarischer Imaginationen von räumlichen Gegebenheiten und die damit verbundenen Semantisierungen von Räumen wurden bisher zumeist theoretisch betrachtet und autorspezifisch analysiert. Daran anschließend möchte die Tagung dieses Feld erweitern mit dem Ziel, einen spezifischen Raum/Ort in mehreren literarischen Werken verschiedener AutorInnen gleichzeitig zu untersuchen.
Literarische Texte weisen meist Toponyme, prototypische Elemente, Eigennamen oder Gattungsbezeichnungen realer oder fiktiver Räume auf, welche unterschiedlich ästhetisiert, semantisiert und heterogenisiert werden können. Daher erscheint es besonders interessant, die Imaginationen eines bestimmten Raumes (z. B. Alpen, Pampa, Atlantis) bzw. konkreten Ortes (z. B. Paris, Müllhalde, Spukhaus, Brocken) in verschiedenen literarischen Texten vergleichend zu analysieren, um die unterschiedlichen Bedeutungszuschreibungen sowie die damit zusammenhängenden Sinnstiftungsangebote und Mechanismen zu untersuchen. Dabei können Akzentuierungen vorgenommen werden, indem bestehende Raumtheorien (Lefèbvre, Foucault, Augé, Bhabha, etc.) oder auch methodische Verfahren zur Analyse des literarischen Raumes (im weiteren Sinne strukturalistische Ansätze wie Lotmans Raumsemiotik, Bachtins Chronotopos-Konzept, Dennerleins Narratologie des Raumes, Piattis Literaturgeographie, Whites Geopoetik, Westphals Geokritik, Sojas Thirdspace, de Certeaus Raumpraktiken, Dünnes Dynamisierungen, etc.) reflektiert werden. Die Tagung zielt darauf ab, eben diese Theorien und Verfahren durch vergleichende Analysen unterschiedlicher literarischer Texte und Medien mit motivgeschichtlichen, phänomenologischen, sozialgeschichtlichen, medientheoretischen, kulturhistorischen oder geographischen Aspekten zu konfrontieren.
Programm:
Freitag, 3. Februar 2017
Bis 12:15: Anreise
12:15–12:30: Prof. Dr. Andrea Bartl (Universität Bamberg): Begrüßung
12:30–13:00: Kathrin Geist (Universität Bamberg), Claudia Oberrauch (Universität München) und Marlene Frenzel (Universität Potsdam): Begrüßung und Einführung
Panel: Naturräume
13:00–14:00: Keynote: Prof. Dr. Bertrand Westphal (Université de Limoges): Geocriticism
14:00–14:30: PD Dr. Simone Loleit (Universität Duisburg-Essen): Schauplatz oder Mitspieler? Der Fluss in der Fabelliteratur
14:30–15:00: Kaffeepause
15:00–15:30: Joris Löschburg (Universität Hamburg): Vom Reisen über das Meer. Ozeanische Topographie und transgressive Selbsterfahrung in der Literatur
15:30–16:00: Dominik Pensel (Universität München): Der Raum des Unbewussten in der Literatur des 19. Jahrhunderts
16:00–16:30: Dr. Alexis Radisoglou (Universität Oxford): Vom Globus und Planeten: Die Welt als Ort bei Christoph Ransmayr und Laurent Mauvignier
16:30–17:00: Kaffeepause
Panel: Räume des Verbrechens
17:00–17:30: Dr. Wolfgang Brylla (Universität Zielona Góra): Am Tatort der Geschichte. Zu Erzählfunktionen der Verbrechensräume im historischen Kriminalroman
17:30–18:00: Prof. Dr. Andreas Solbach (Universität Mainz): Auschwitz: Raumrhetorik des Schreckens
18:00–19:00: Lesung mit Christof Hamann: Bergpässe und Literatur
Ab 19:30: Gemeinsames Abendessen
Samstag, 4. Februar 2017
Panel: Politisierte Räume
9:00–10:00: Keynote: Prof. Dr. Marc Redepenning (Universität Bamberg): Anmerkungen zur Renaissance und Funktion raumbezogener Semantiken und Beschreibungen aus der Perspektive der Sozialgeographie
10:00–10:30: Dr. Corina Erk (Universität Bamberg): Denk ich an Deutschland... Der Raum im deutschsprachigen Gegenwartskino
10:30–11:00: Kaffeepause
11:00–11:30: Dr. Caroline Frank (Universität des Saarlandes): Topo-Graphien der ‚Wende‘ – Raummodelle in historischen DDR-Fiktionen
11:30–12:00: Dr. Verena Zankl und Irene Zanol (Brenner-Archiv der Universität Innsbruck): Imaginationen des Südens in der Südtiroler Literatur der Gegenwart
12:00–13:00: Mittagspause
Panel: Stadträume
13:00–14:00: Keynote: Prof. Dr. Manfred Rolfes (Universität Potsdam): (Raum-)theoretische und humangeographische Beobachtungen zum Phänomen Stadt
14:00–14:30: Florian Barth und Prof. Dr. Gabriel Viehhauser (Universität Stuttgart): Schauplatz Berlin – Zu Grenzen und Möglichkeiten einer automatisierten Literaturgeographie
14:30–15:00: Prof. Dr. Martin Nies (Universität Passau): Rungholt/Venedig: Ästhetische Räume der Abweichung im kulturellen Wandel – (kultur-)semiotische Perspektiven
15:00–15:30: Kaffeepause
15:30–16:00: Dr. Gesa Singer (Universität Flensburg): Außensicht und Innensicht. Wahrnehmungen von Athen bei Wolfgang Koeppen und Petros Markaris
Panel: Innenräume
16:00–16:30: Mirjam Berg (Universität Chicago): Ein Schreibzimmer für sich allein – Die Imagination von Schreibräumen in den Romanen Das Brandmal von Emmy Hennings und Irmgard Keuns Das kunstseidene Mädchen
16:30–17:00: Rebecca Haar (Universität Tübingen): Fiktive Räume und virtuelle Transgression – Die Verflüssigung fiktionaler Räume
17:00–17:30: Dr. Simone Sauer-Kretschmer (Ruhr-Universität Bochum): Vom Schlafzimmer in den Kreißsaal. Räume des Gebärens in der Literatur
17:30: Abschluss
Tagungsort:
Universität Bamberg, Universitätsgebäude U7, Raum 1.05
An der Universität 7
96047 Bamberg
Konzept und Kontakt:
Kathrin Geist (Universität Bamberg; kathrin.geist@uni-bamberg.de)
Claudia Oberrauch (Ludwig-Maximilian-Universität München; claudia.oberrauch@campus.lmu.de)
Marlene Frenzel (Universität Potsdam; marlene.frenzel@uni-potsdam.de)
Die Konferenz wird gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Bamberger Graduiertenschule für Literatur, Kultur und Medien (BaGraLCM) und der Potsdam Graduate School.