CfP/CfA events

Postsäkulare Studien, Literatur und Care, Granada

Beginning
25.05.2023
End
26.05.2023
Abstract submission deadline
15.04.2023

Angesichts der globalen Eskalation politisch-religiöser Konflikte einerseits und des Bedarfs einer Revidierung der Begriffe, die eine Annäherung am angeblichen säkularen Denken unserer Zeit inszenieren, gewinnt die Frage nach der Rolle des Religiösen in der Kultur und der Gesellschaft an Bedeutung. Die Spannung zwischen Religion und (post)säkularer Gesellschaft soll deshalb aus einer fachübergreifenden Perspektive analysiert werden.

Der 2001 um die Rolle der Religion in der zeitgenössischen Gesellschaft zu charakterisieren, von Jürgen Habermas geprägte Begriff des „Postsäkularen“ reflektiert die Wiedergeburt der Debatten um das Phänomen des Religiösen in verschiedenen Gebieten der Geisteswissenschaften in den letzten Jahren. Religion ist in dieser Hinsicht keineswegs als bloß ein Überbleibsel der fernen Vergangenheit zu betrachten, sondern eherals eine zentrale Neuausrichtung seit dem späten 20. Jahrhundert. Diese hat nämlich zu einem wahrhaftigen „religious turn“ in der Philosophie (bei Charles Taylor, Jacques Derrida, Jean Luc Marion, Julia Kristeva oder Jean-Luc Nancy), zum erneuten Interesse an der Geschichte der Säkularisierung (bei foucaultschen Anthropologen wie Talal Asad, Saba Mahmood oder Tomoko Masuzawa), der Wiederkehr der kritischen politischen Theologie (bei Alain Badiou, Carl Schmitt, Claude Lefort oder Giorgio Agamben), dem Auftreten von Werken, die einen feministischen und/oder ökokritischen Fokus mit postsäkularen Perspektiven zusammenbringen (bei Rossi Braidotti und Michael Hart) sowie zahlreichen Studien über den Zusammenhang zwischen Literatur und Religion (Mark Knight, Lori Branch) geführt. 

Die Tagung „Postsäkulare Studien, Literatur und Care“ richtet sich an diese zeitgenössischen Phänomene aus zwei Forschungsperspektiven oder -wenden, die die Literaturwissenschaft ab dem ausgehenden 20. Jahrhundert geprägt haben und sich in den letzten Jahren völlig konsolidiert haben: der sog. „secular turn“ und der „political turn“. Diese Wenden verfügen über eine doppelte Motivation. Sie sind einerseits als Antwort auf diverse historische Ereignisse – von den 9/11 Terroranschlägen bis zum durch globale Migrationsbewegungen verursachtes Zusammenleben verschiedener Glaubensrichtungen – zu verstehen, die die vermeintlichen säkularen Gesellschaften dazu gebracht haben, die Rolle der Religion neu zu denken. Andererseits sind diese Wenden aus der Perspektive des westlichen Denkens das Ergebnis genealogischer Analysen von Autoren wie Michel Foucault, die den religiösen Ursprung von Begriffen der säkularen Moderne, sowie die Erschöpfung ihres Diskurses gegenüber den Herausforderungen des Kapitalismus, d. h. der sog. „Krise der großen Erzählungen”, gezeigt haben.

Diesem diversifizierten und fachübergreifenden Interesse wohnt – wie es schon bei Begriffen wie „postkolonial“ oder „postmodern“ der Fall war – eine gewisse Ambivalenz bzw. Mehrdeutigkeit inne. In den letzten Jahren wurde das Postsäkulare nicht bloß als eine chronologische Kategorie konzipiert, die einer in der Moderne entstandenen Periode der Säkularisierung gefolgt wäre, sondern eher als eine kritische Position und eine Kategorie der Analyse definiert, die imstande ist, die Spannungen zwischen dem Religiösen und dem Säkularen zu beschreiben. Das Postsäkulare ist kurzum eine epistemische Stellungnahme, die das Zusammenspiel des Religiösen und des Säkularen seit der Moderne in Kauf nimmt. In diesem Sinne bearbeitet das vorliegende Projekt einen Begriff des Säkularen als ein Augenmerk auf die Dialektik der Beziehungen zwischen religiöser und politischer Macht,  auf die neuen politischen Technologien, den  historischen Aufbau der Religion und des Säkularen sowie auf die Entstehung neuer Spiritualitäten in den (post)industriellen Gesellschaften. 

Aus dieser Perspektive versucht unsere Tagung, der Pluralität dieses Begriffs und deren konsequenter Ambivalenz und Mehrdeutigkeit aus einer pluralen Perspektive gerecht zu werden, die verschiedene Dimensionen (der Philologie und der Literaturwissenschaft, der Philosophie und der Analyse der Gegenwart) umfasst. Gleichfalls gilt die Politik der Literatur (in dem Sinne von Jacques Rancière oder Michel Foucault) als ein wichtiges Werkzeug für unsere Analysen.    

Die Tagung findet vom 25. bis zum 26.05.2023 in Granada (Spanien) statt. Zusendungen von Abstracts bis zu 150 Wörtern auf Spanisch, Englisch oder Deutsch sind bitte – zusammen mit 5 Stichwörtern – bis zum 15.04.2023 zu richten an: antonioalias@ugr.estespino@ugr.es

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Fields of research

Literary theory, Literature and sociology, Literature and cultural studies, Literature and theology/study of religions, Literature and philosophy

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Institutions

Universidad de Granada (UGR) / University of Granada
Date of publication: 21.03.2023
Last edited: 21.03.2023