CfP/CfA events

Figuren der Krise – Krise der Figur (IVG 2025)

Beginning
20.07.2025
End
27.07.2025
Abstract submission deadline
15.11.2022

CFP: XV. IVG-Kongress 2025

Internationale Vereinigung für Germanistik ­– IVG-Kongress in Graz 20.-27.07.2025

Sektion: Figuren der Krise – Krise der Figur

Organisator*innen: Isabelle Stauffer (Eichstätt), Melanie Rohner (Bern), Arne Klawitter (Tokio)

Barbaren, Kannibalen, Grobiane und Dandys sind Beispiele für literarische Figuren, die sich an häufig als krisenhaft wahrgenommenen gesellschaftlichen und epistemologischen Umbrüchen bewegen. Insofern können sie als Krisenfiguren bezeichnet werden.

‚Erfunden‘ in den griechischen Tragödien im Kontext der Perserkriege, in den Stücken von Aischylos, Sophokles und Euripides (vgl. Hall 1989), ist der Barbar seit jeher eine Krisenfigur. Kollektive beschwören ihn, wenn es gilt, Zusammenhalt gegen innen und Widerstand gegen außen zu fördern: Dann werden Barbaren als grausam, unmenschlich und unzivilisiert aus dem eigenen kulturellen Raum ausgegrenzt. Andererseits kann der Barbar in Krisenzeiten aber auch als Sehnsuchtsfigur Befreiung aus einer beengenden oder als dekadent wahrgenommenen Zivilisation versprechen (vgl. Winkler et al. 2018).

Der Kannibale taucht zuerst in den Logbüchern des Kolumbus vom November 1492 auf. Assoziiert mit der ‚Entdeckung‘ einer ‚neuen Welt‘ und basierend auf antiken Vorstellungen, dass am Ende der Welt Anthropophagen leben, handelt es sich ursprünglich um eine Imagination europäischer Reisender von überseeischen Menschenfressern, denen die Zivilisation fremd ist und denen wir Europäer als ‚zivilisierte Wesen‘ uns grundsätzlich fremd fühlen. Doch finden sich erste Beschreibungen von Anthropophagie schon bei Homer und Euripides (Bakchen). Der Kannibale markiert nicht nur eine Grenze zwischen Zivilisation und unzivilisierten Naturvölkern, womit sich das neuzeitliche Europa vom ‚Rand‘ der Welt abzusetzen suchte, sondern, noch grundsätzlicher, zwischen Kultur und Barbarei, zwischen Menschlichkeit und Unmenschlichkeit (vgl. Fulda/Pape 2001, 10). In der Neuzeit kam der Kannibalismus (als Figur der Krise) immer wieder im Zusammenhang mit großen Hungersnöten auf.

Der Grobian entstammt der Renaissance als einer „Periode des Übergangs“ (Corell 1996, 20). Die aristokratische Tradition steht in Konflikt mit dem Aufkommen einer funktional differenzierten Gesellschaft, in der Besitz zunehmend eine größere Rolle spielt als der Stand. Der damit einhergehende Übergang von mittelalterlichen zu bürgerlichen Sitten zeigt ein problematisches bürgerliches Selbstbild auf, das einen Ort von Konflikten und Krisen in einer sich verändernden Welt eröffnet (vgl. Correll 1996, 41, 47). Zudem verkörpert der Grobian eine „historische Krise der Männlichkeit“ (Correll 1996, 7). Anders als Kannibalen und Barbaren entstammt er jedoch ursprünglich der eigenen Gesellschaft.

Der Dandy erscheint in der Regency-Periode, zu einem Zeitpunkt, als ein „Brüchigwerden des Milieus der Oberschichten“ (Erbe 2002, 10) auftritt. Er ist eine jener Figuren, die für die Krise der modernen Männlichkeit steht (vgl. Stauffer 2008, 90, 91). Trotz einiger effeminierender Eigenschaften sind Dandys – wie die Grobiane – primär männlich typisiert. Ihre weiblichen Erscheinungsformen sind Ausnahmen und Grenzüberschreitungen (vgl. Stauffer 2013, 44).

Krisenhafte gesellschaftliche und epistemische Umbrüche stellen Identitäten in Frage und versuchen neue zu erstellen und zu festigen. Zugleich stellt sich die Frage, was mit literarischen Figuren in diesen Umbruchszeiten geschieht. Lösen sie sich auf, werden sie eher paradox oder gerade besonders stereotyp? Zeigen Figuren der Krise auch immer eine Krise der Figur auf?

Dabei können Figuren der Krise und mit ihnen die Frage nach einer Krise der Figur in verschiedenen Gattungen und in unterschiedlichen historischen Epochen untersucht werden.

 

Vortragstitel und Abstract (200-300 Wörter) werden bis zum 15.11.2022 an alle drei Sektionsorganisator*innen erbeten:

Prof. Dr. Isabelle Stauffer: isabelle.stauffer@ku.de

Prof. Dr. Melanie Rohner: melanie.rohner@unibe.ch

Prof. Dr. Arne Klawitter: arne.klawitter@web.de

Source of description: Information from the provider

Fields of research

Literature and cultural studies
Krise ; Figur

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Internationale Vereinigung für Germanistik (IVG)

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Graz
Austria
Date of publication: 10.10.2022
Last edited: 10.10.2022