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CFP zum Workshop: #Akzeleration? #WTF? Verortungen, Politiken, Subjektivierungen [FRISTVERLÄNGERUNG]

Beginning
24.11.2022
End
25.11.2022
Abstract submission deadline
26.06.2022

CFP zum Workshop: #Akzeleration?  #WTF? Verortungen, Politiken, Subjektivierungen [FRISTVERLÄNGERUNG]

 

24.11.-25.11.2022 Paderborn (Fakultät für Kulturwissenschaft: Institut für Medienwissenschaft)

Organisator:innen: Felix Hüttemann, Tobias Matzner, Fynn-Adrian Richter

 

„Die Grundüberlegung des Akzelerationismus lautet, dass die einzige radikale politische Antwort auf den Kapitalismus darin besteht, dessen entwurzelnde, verfremdende, decodierende und abstrahierende Tendenzen zu beschleunigen […].“ [1]

Ein Gespenst geht um: In Internetforen, Blogs, in der (Medien-)Kunst und nicht zuletzt in Publikationen. Bei diesem Politik- und Theoriegespenst handelt es sich dieses Mal nicht um den Kommunismus, sondern um den Akzelerationismus – auch wenn dieser mitunter ein wenig kommunistisch klingen will.

Die Konstatierung der Alternativlosigkeit des Kapitalismus und die Folgerung daraus, man müsste den Kapitalismus massiv beschleunigen um ihn zu überwinden, hat einen bemerkenswerten Diskurs der Affirmation von Argumentationen hervorgerufen, die man bisher von neoliberalen Protagonist:innen kennt. Diese Affirmation kulminiert letztlich in der Position, den Kapitalismus so sehr entfesseln zu müssen (oder zu wollen), dass das System sich selbst in die Katastrophe führt, um somit durch kreative Zerstörung (Disruption) neue (neoliberale) Kräfte freizusetzten.

Doch hat dieses Gespenst des Akzelerationismus nicht vielleicht eine ambivalentere Ideen- und Diskursgeschichte zu bieten, als es auf den ersten Blick zu vermuten wäre? Eine, die sich nicht nur aus Nihilismus oder Silicon Valley Ideologie speist?

Inwieweit ist die Beschleunigung des Kapitals, dessen Produktionsmittel und Produktivkräfte als ein rechtes Projekt zu verstehen, das den Kapitalismus in Form einer technologischen Singularität, als Transgression (Bataille) des entfesselten libidonösen (Lyotard) Kapitals, betrachtet? Inwiefern ist der Akzelerationismus, entgegen der zuvor konstatierten Annahme, als eine politisch linke Position zu verstehen, wie etwa Nick Srnicek, Alex Williams und Armen Avanessian betonen? Wie kommt überhaupt eine Situation zustande, in der Technologien plötzlich wieder in die Rolle instrumenteller Medien zu geraten scheinen, deren Eigenschaften (Beschleunigung) vermeintlich neutral unterschiedlichsten politischen Ansichten oder Ideologien dienen können?

Der Workshop geht der Hypothese nach, dass ein besseres Verständnis der Genealogie dieser Form des Akzelerationismus nötig ist, um diese Fragen zu beantworten. Zudem müssen aber auch zeitgenössischen Bezüge und Positionen zum Diskurs um den Akzelerationismus aufgemacht werden. Denn es fragt sich, warum altmodische oder gar diskreditierte Positionen, wie ein offensiver Prometheanismus, Avantgardismus oder ein heroisch-maskuliner Theoriegestus plötzlich wieder salonfähig werden – gerade in den sich als emanzipatorisch verstehenden Institutionen von Kunst, Kultur und Akademie.

Diese und andere Fragestellungen sollen in der geplanten Tagung in Form von Kurzvorträgen, Projekt- oder Materialvorstellungen diskutiert werden.

Beitrage zu folgenden thematische Rahmungen wären wünschenswert:

-       Politische Verortungen und Ideengeschichte(n)

A.   Von Karl Marx über Friedrich Nietzsche und Max Stirner, über rechte Avantgarden (wie dem italienischen Futurismus oder der Konservativen Revolution), zu Bertolt Brecht, Walter Benjamin und Georges Bataille, sollen in dieser Sektion mögliche Genealogien eines zeitgenössischen Akzelerationismus ausgemacht werden.

B.    Weitere Bezugspunkte einer solchen Verortung können etwa ebenso die Thesen von Gilles Deleuze, Félix Guattari und Jean-Francois Lyotard sein, die von Seiten beider politischen Lager des Akzelerationismus adaptiert werden und als erste prononciert akzelerationistische Positionen gelten können.

C.    Von besonderem Interesse für die Tagung sind im Weiteren die als akzelerationistisch zu bezeichnenden Auseinandersetzung mit dem Digitalen, wie sie die Cybernetic Culture Research Unit (CCRU) um u.a. Sadie Plant, Nick Land, Mark Fisher, Kodwo Eshun oder Steve Goodman in den 1990ern produzierten.

-       Aktualität und Anknüpfungen

A.   PosthumanismusSilicon Valley-Ideologie: Netzwerke und Infrastrukturen technosozialer Köper, Posthumanismus, technologische Singularität, Künstliche Intelligenz

B.    Anthropozän-Diskurs: Klimaveränderungen, Extraktionspolitiken und menschengemachte Erdveränderungen, Ressourcenknappheit und ihre Verteilung. Relationalismus und Ökologien.

C.   Medien und Diskursräume: Wie hängen die Positionen des Akzelerationismus damit zusammen, dass sich dieser vor dem Hintergrund von digitalen Medien, künstlerischen Positionen, eigenen Verlagen und Publikationen oder spezialisierten Teilöffentlichkeiten (Podiumsdiskussionen etc.) entwickelt?

-       Subjektivierung und Souveränitätsgesten

A.   Die Diskurs- und Ideengeschichte der linken, antikapitalistischen Spielart des Akzelerationismus steht in Relationen zu Diskursen kontemporärer emanzipativer Theorien und Projekte, wie beispielsweise EthnofuturismenBlacceleration und Xenofeminismus

B.    Gefährliche Seiten des rechten Akzelerationismus etwa im Zusammenhang mit Radikalisierung von politischen Männlichkeiten (Susanne Kaiser) (Bsp.: incels, alt-right), dark enlightment oder digitalen Gegenrevolutionen (Angela Nagle) (Bsp.: Trolling auf 4chan, Reddit, Tumblr) und ihre Beziehung zu neurechten und faschistischen ‚Theorien‘.

C.   LiteraturPoetikSprache und Ästhetik im akzelerationistischen Denken und Schreiben: Welche ‚literarischen‘ Traditionen nehmen diese Autor:innen auf (ital. Futurismus, Avantgarden etc.), welche Ausdrucksmedien haben Konjunktur (Manifest, Blogbeitrag etc.) Werden daraus Konsequenzen für die eigene ‚Theorie‘-Sprache bzw. das ‚aktivistische‘ Sprechen gezogen (‚Theorie-Fiktion‘)? Inwieweit und wo rekurrieren akzelerationistische Szenarien auf Literatur, inkorporieren sie als bloße Beispiele oder nobilitieren sie als epistemologische Gedankenexperimente? Lässt sich eine akzelerationistische Ästhetik nachvollziehen: Wie wirken sich die Komplexe der ‚Beschleunigung‘, der ‚entfesselten‘ Ströme und damit zuweilen eben nicht-mehr-menschliche Zeitskalen auf eine aisthesis aus? 

 

Erwünscht sind Beitragsvorschläge von etwa 500 Worten plus Kurzbiographie für etwa 20-30 minütige in Präsenz geplante Vorträge oder Projekt- oder Materialvorstellungen aus allen Bereichen der Kulturwissenschaften bis zum 26.06.2022. Einzureichen unter: felix.huettemann@uni-paderborn.de und fynn-adrian.richter@rub.de. 


[1] Armen Avanessian, Robin Mackay: Einleitung. In: Dies. (Hg.): #Akzeleration#2. Berlin 2014.

Source of description: Information from the provider

Fields of research

Media studies, Interdisciplinarity, Literature and cultural studies, Literature and philosophy, Literature and media studies, Poetics

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Institutions

Universität Paderborn
Institut für Medienwissenschaft
Submitted by: Fynn-Adrian Richter
Date of publication: 16.05.2022
Last edited: 16.05.2022