Konferenzen, Tagungen

Symposium zum 70. Jahrestag der Nacht der ermordeten Dichter

Beginn
14.08.2022
Ende
14.08.2022

Am 12. August 2022 jährt sich zum 70. Mal die Nacht der ermordeten Dichter, der Höhepunkt der stalinistischen Verfolgungen jüdischer Intellektueller. Mit Dovid Bergelson, Peretz Markish, Itsik Fefer, Dovid Hofshteyn, Leyb Kvitko und anderen wurden die wichtigsten sowjetisch-jiddischen Literaten ermordet, von denen die meisten aus dem Gebiet der heutigen Ukraine stammten und sich in der Kiewer Gruppe zusammenschlossen. In den 1920er Jahren lebten viele von ihnen zeitweise im Berliner Exil. Auf Veranlassung der sowjetischen Regierung gründeten sie im Zweiten Weltkrieg das Jüdische Antifaschistische Komitee. Als dieses 1948 durch Stalin aufgelöst wurde, wurde seine Mitglieder verfolgt, verhaftet und zum Teil nach Schauprozessen ermordet.

Diesen Dichtern und der jiddischen Kultur, die sie inner- und außerhalb der Sowjetunion aufbauten und repräsentierten, widmen die Sommeruniversität für jiddische Sprache und Literatur und das Jüdische Museum Berlin ein Tagessymposium. In zwei Panels ordnen renommierte Wissenschaftler*innen der sowjetisch-jüdischen Kulturgeschichte die Ereignisse des 12. August 1952 und ihre Konsequenzen durch neueste Forschungsergebnisse ein und diskutieren außerdem das literarische Vermächtnis der ermordeten Dichter.

Abgeschlossen wird die ganztägige Gedenkveranstaltung mit der Lesung Lies diese Zeichen. Ein Abend zum 70. Jahrestag der Nacht der ermordeten Dichter im Glashof des Jüdischen Museums Berlin. Lena Gorelik, Olga Grjasnowa, Lana Lux und Sasha Marianna Salzmann lesen aus Texten der ermordeten Dichter in deutscher Übersetzung. Tal Hever-Chybowski liest aus den jiddischen Originalen.

Veranstaltung in Kooperation mit Maison de la culture yiddish – Bibliothèque Medem. Gefördert durch die European Association of Jewish Studies (EAJS).

 

Programm

Panel 1, 14–16.30
Die Nacht der ermordeten Dichter – Geschichte und Vermächtnis (in englischer Sprache)

Gennady Estraikh (NYU) und Miriam Schulz (University of Toronto), zwei führende Wissenschaftler*innen auf dem Gebiet der sowjetischen jiddischen Kultur und des jüdischen Kalten Krieges, sprechen über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zur unmittelbaren Nachkriegszeit und die stalinistischen antijüdischen Säuberungen. Sie zeichnen außerdem nach, auf welche Weise die »Nacht der ermordeten Dichter« im Laufe des jüdischen Kalten Krieges innerhalb des westlichen Soviet Jewry Movements und im Umfeld der Zeitschrift Sovetish Heymland (Sowjetisches Heimatland), dem letzten Überbleibsel sowjetischer jiddischer Kultur in der poststalinistischen Zeit, mit Bedeutung aufgeladen wurde.

  • Hauptvortrag: Gennady Estraikh (NYU, Professor für sowjetische jiddische Kultur und Geschichte, Leiter des Shivdler-Projekt »A Comprehensive History of the Jews of the Soviet Union«) wird über die Arbeit des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und die stalinistischen antijüdischen Säuberungen 1948–1952/3 sprechen.
  • Miriam Schulz (Ray D. Wolfe Postdoctoral Fellow 2021–23, Anne Tanenbaum Centre for Jewish Studies | Centre for Diaspora & Transnational Studies, University of Toronto, ehem. Forschungsassistentin für das Shivdler-Projekt »A Comprehensive History of the Jews of the Soviet Union«) wird über das Gedenken an den Prozess während des Kalten Krieges und die Hinleitung zur »Nacht der ermordeten Dichter« sprechen.
  • Anschließend Gespräch und Q&A zwischen Estraikh und Schulz über die Bedeutung der »Nacht der ermordeten Dichter« und ihr Vermächtnis in Ost und West bis heute.


Panel 2, 16.30–18.00
Das interdisziplinäre Kooperationsprojekt »Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur« und die »Nacht der ermordeten Dichter« (in deutscher Sprache)

Im zweiten Panel werden neueste Forschungen zur sowjetischen jiddischen Kultur und zum Jüdischen Antifaschistischen Komitee vorgestellt, die im Rahmen des interdisziplinären Kooperationsprojekts Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur zwischen dem Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow (DI), dem ZfL und der Professur für Slavische Judaistik der Universität Regensburg durchgeführt werden. Das Kooperationsprojekt nimmt die Nacht der ermordeten Dichter zum Ausgangspunkt und erforscht die jiddische Literatur in der Sowjetunion zwischen 1917 und den 1970er Jahren. Im Rahmen unseres Symposiums werden die beteiligten Wissenschaftler*innen vorstellen und diskutieren, wie der Prozess und die Ermordung von 1952 ihre Forschungen zur sowjetischen jiddischen Kultur vor dem Hintergrund von Revolution, Bürgerkrieg und Emigration, aber auch der Erfahrung des Stalinismus und des Holocausts prägen und welche neuen Einsichten sich trotz der etablierten Narrative ergeben. Die Podiumsgäste stellen jeweils einen Aspekt des Kooperationsprojekts vor und diskutieren, inwieweit der 12. August 1952 in den jeweiligen Teilprojekten eine Rolle spielt und wie die Ereignisse (möglicherweise neu) gelesen werden.

  • Sabine Koller (Professorin für Slavisch-Jüdische Studien, Universität Regensburg, wissenschaftliche Verantwortliche des interdisziplinären Kooperationsprojekts »Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur«) stellt Leben und Werk von Dovid Bergelson und ein neues Projekt zur Übersetzung seines Werks ins Deutsche vor.
  • Alexandra Polyan (Universität Regensburg, Postdoc im interdisziplinären Kooperationsprojekt »Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur«) stellt Leben und Werk von Peretz Markish vor.
  • Jakob Stürmann (DI, Postdoc im interdisziplinären Kooperationsprojekt »Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur«) referiert über das Jüdische Antifaschistische Komitee.
  • Anschließend Podiumsdiskussion und Q&A mit Miriam Schulz und Gennady Estraikh über den 12. August 1952 und eine Problematisierung der Periodisierung des Projekts »Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur«.
Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Osteuropäische Literatur (Baltikum, Russland, Ukraine)
Sowjetisch-jiddische Literatur; Verfolgung

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Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL)
Maison de la culture yiddish – Bibliothèque Medem

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Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL)
Datum der Veröffentlichung: 08.08.2022
Letzte Änderung: 08.08.2022