Konzeptualisierungen kleiner (europäischer) und nicht-westlicher Kulturen – Kanonische Konzepte, strukturelle Asymmetrien und Möglichkeiten des Vergleichs
Die Tagung »Konzeptualisierungen kleiner (europäischer) und nicht-westlicher Kulturen – Kanonische Konzepte, strukturelle Asymmetrien und Möglichkeiten des Vergleichs« setzt sich zum Ziel, die Entstehung, Aneignung und Übertragung von Konzepten aus der Perspektive kleinerer und nicht-westlicher Kulturen zu betrachten. Kulturspezifische Narrative und Strukturen sowie globale Machtverhältnisse beeinflussen die Entstehung von sozialen, politischen, ökonomischen, künstlerischen und epistemologischen Konzeptualisierungen (vgl. Neumann, Nünning 2012). Dominante Konzepte sind jedoch oft explizit oder implizit durch Eurozentrismus, methodischen Nationalismus (Wimmer, Glick Schiller 2002) und das monolinguale Paradigma (Yildiz 2012) geprägt. Bei der Aneignung oder Übertragung von kanonischen Konzepten auf kleine und nicht-westliche Kulturen ergeben sich daher oft Reibungsflächen. Andersartige oder widersprechende Narrative, Entwicklungen, Strukturen und Praktiken werden durch die Dominanz bestimmter Konzepte oft nur als »Fallbeispiele« oder Sonderfälle wahrgenommen, wenn sie nicht sogar bewusst mit Strategien des »Othering« (vgl. Mbembe 2017, Mufti 2016, Said 2009) verzerrt werden. Nichtsdestotrotz eignen sich auch kleine (europäische) und nicht-westliche Kulturen immer wieder kanonische Konzepte aus hegemonialen Kontexten an (vgl. Ashcroft, Griffiths, Tiffin 1989), auch in der Wissenschaft werden sie zur Beschreibung und Analyse herangezogen. Dies bringt eine ambivalente Situation hervor: Einerseits werden durch die Anwendung dominanter Konzepte kanonische Texte und Diskurse ständig reproduziert, wodurch die kleinen und nicht-westlichen Kulturen erneut als »andersartig« bzw. als Spezialfälle markiert werden. Andererseits wird durch die Auseinandersetzung mit kanonischen Konzepten Vermittlungs- und Übersetzungsarbeit geleistet, was zu einer größeren Wahrnehmbarkeit der kleinen und nicht-westlichen Kulturen in der Wissenslandschaft führt. Die Tagung setzt sich zum Ziel, diese als »double bind« beschreibbare Situation aus vergleichender Perspektive auszuloten und dabei strukturelle Probleme, Herausforderungen und Lösungsansätze zu diskutieren.
Die Tagung findet am 10. und 11. Oktober an der Technischen Universität Dresden statt und wird von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert.
Tagungsprogramm
Donnerstag, 10. Oktober 2019
12:30 Welcome and Registration
13:00 Diana Hitzke (Dresden/Gießen): Konzeptualisierungen kleiner (europäischer) und nicht-westlicher Kulturen – Kanonische Konzepte, strukturelle Asymmetrien und Möglichkeiten des Vergleichs
13:30 Keynote Jeanne E. Glesener (Luxembourg): Comparativism and Small Literatures: Overview, Challenges and Possibilities
14:30 Coffee Break
15:00 Travelling Concepts
Moderation: Annelie Bachmeier
Mihai-D. Grigore (Mainz): ‘Commonwealth’ des Ostens. Raum, Kultur und transregionale Ordnungen am Beispiel eines britischen Importkonzepts
Isabel Seliger (Berlin): Bijutsu(shi) 美術(史) / Meishu(shi) 美術(史): The Introduction of the Western Concepts of ‘Art’ and ‘Art History’ to East Asia (with a Focus on Japan and China) –– Overcoming Epistemological Imbalances and Geographical Bifurcations in Research on Global Modernisms and ‘Global Art History’
Tatsiana Astrouskaya (Marburg): Re-defining ‘samizdat’: a look from the Soviet peripheries
16:30 Coffee Break
17:00 Perspectives on Belarus
Moderation: Mihai Grigore
Yaraslava Ananka (Innsbruck) & Heinrich Kirschbaum (Freiburg): Belarussische Gegenwartsdichtung. Zugänge und Holzwege
Manuel Ghilarducci (Berlin): Die antagonistische Artikulation des Kleinen. Belarussischer Rock und Hip-Hop als musique mineure.
18:00 Buffet
Freitag, 11. Oktober 2019
09:30 Keynote Katharina Stornig (Gießen): Gender: Vom westlichen Konzept zur globalen Forschungskategorie?
10:30 Coffee Break
11:00 African Perspectives
Moderation: Katharina Tyran
Snežana Vuletić (München): What Does a Cultural-Narratological Research in Nigerian Anglophone Fiction Teach Us? The Potential of the Entanglements in Narrative Research
René Demanou (Gießen): Challenging the American-European cosmopolitan memory model
12:00 Lunch
14:00 Keynote Christian Prunitsch (Dresden): Über das kanonische und das subversive Konzept sorbischer Literaturgeschichte
15:00 Break
15:15 Conceptualizing Minorities I
Moderation: Klavdia Smola
Theresa Jacobs (Bautzen): Von Chancen und Herausforderungen, Volks-Tanz-Praxen neu zu konzeptualisieren
Jana Piňosová (Bautzen): Minority Protection and Nature Conservation. A case study from the late 19th century German Empire
16:15 Coffee Break
16:45 Conceptualizing Minorities II
Moderation: Theresa Jacobs
Katharina Tyran (Wien): Zwischen autochthon, Region und Nation – Konzeptualisierungen österreichischer Volksgruppen
Nicole Dołowy-Rybińska (Warschaw) and Cordula Ratajczak (Bautzen): The concepts of native-speaker and new-speaker against the background of the minority language community: relations of power and language ideologies
17:45 Concluding Discussion
19:00 Joint Dinner
Organisation und Kontakt: Dr. Diana Hitzke, Technische Universität Dresden, Institut für Slavistik