Identitätskonzepte in der Literatur
Identitätskonzepte in der Literatur
Internationale Konferenz, 20. bis 22. November 2019
Pingusson-Gebäude,
Hohenzollernstraße 60
(Eingang durch den Park)
66117 Saarbrücken
Als Begriff wie als Diskurs wird Identität in der Gegenwart zunehmend einseitig ideologisch vereinnahmt und (tages)politisch instrumentalisiert. Die Konferenz wird vor diesem Hintergrund den Terminus im Hinblick auf seinen Gehalt und seine historischen Bedeutungsdimensionen perspektivieren. Der Fokus auf die Literatur ist hierfür in besonderer Weise geeignet, weil dieser seit dem Aufkommen national(staatlich)er Diskurse im 18. Jahrhundert eine wesentliche Rolle für die Konstitution und die Bestätigung von Identität zugefallen ist. Vor allem der Literatur mit regionalem Bezug kommt in diesem Prozess zentrale Bedeutung zu, aus der sich Stereotypen der Verengung und Trivialität, z. B. der Heimatliteratur, entwickelt haben.
Indem die Funktion der Konstitution und Stiftung von Identität durch die Literatur vergleichend betrachtet wird, können folgende Aspekte und Tendenzen insbesondere hinterfragt werden: Wie verhalten sich regionale Identitätskonzepte mit geschlechts-, gruppen- oder generationsbezogenen Entwürfen, die sich in der Literatur nachweisen lassen? Im Hinblick auf die regionale Referenz stellt sich vor allem die Frage, ob sich gleichermaßen antagonische und analoge Identitätsentwürfe wie „Europäer*in“ oder „Weltbürger*in“ mit der zunehmenden Globalisierung und kulturellen Vernetzung herausgebildet haben und sich in ein literarisches Programm fassen lassen.
Weil bereits der Begriff der Identität unscharf, vielschichtig und polyvalent ist, wird die Konferenz auch psychologische, philosophische und kulturhistorische Ansätze diskutieren, die sich mit dem Terminus und seinen Konnotationen beschäftigen und diese in Beziehung zur Literatur setzen. Hiervon ausgehend kann zudem erörtert werden, ob bestimmte Gattungen, Schreibformen, Inhalte, Figuren(typen) eine besondere Affinität zu Konzeptualisierungen von Identität aufweisen und auf welche Weise diese in Texten konkret zum Ausdruck kommen.
Ein weiterer Aspekt, der behandelt wird, ist die Frage nach Identitätskonzepten im Spannungsfeld von Schreiben und Lesen: Schreiben kann sowohl für Autor*in als auch für Leser*in identitätsstiftend bzw. -bildend sein. Die Konferenz wird diese Fragestellung in ihren Wechselwirkungen ausleuchten und entsprechend exemplarische Autor*in-Leser*in-Relationen im literarischen Feld paradigmatisch herausarbeiten.
Mittwoch, 20. November 2019
12.30 bis 12.40 Uhr Grußwort
Jan Benedyczuk, Staatssekretär für Bildung und Kultur des Saarlandes
12.40 bis 12.50 Uhr Begrüßung
Sikander Singh, Leiter des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass der Universität des Saarlandes
12.50 bis 13.30 Uhr
Gertrude Cepl-Kaufmann (Düsseldorf): Zur Konstruktion einer Region am Beispiel des Rheinlands 1. Die Rhetorik der Region. Eine Theorie
13.30 bis 14.10 Uhr
Jasmin Grande (Düsseldorf): Zur Konstruktion einer Region am Beispiel des Rheinlands 2. Geschichten und Praktiken der Literatur-/Kulturgeschichtsschreibung
14.10 bis 14.40 Uhr Kaffeepause
14.40 bis 15.20 Uhr
Rolf Parr (Duisburg-Essen): Identität oder Identitäten. Interdiskurstheoretische Überlegungen am Beispiel der Ruhrgebietsliteratur
15.20 bis 16.00 Uhr
Ewa Mazurkiewicz (Katowice/Polen): Identitätskonzepte in der Deutschschweizer Kultur und Literatur des 20. Jahrhunderts
16.00 bis 16.40 Uhr
Jörg Krappmann (Olmütz/Tschechien): Akkumulative Identitätszuschreibungen in national prekären Regionen. Die Literatur(en) der Böhmischen Länder als Paradigma
16.40 bis 17.10 Uhr Kaffeepause
17.10 bis 17.50 Uhr
Michael Peter Hehl (Sulzbach-Rosenberg): Subversive Heimatliteratur? Zur Konstruktion regionaler Identität im bayerischen literarischen Feld des späten 20. Jahrhunderts am Beispiel des „lichtung“-Verlags
17.50 bis 18.30 Uhr
Annette Kliewer (Bad Bergzabern): Deutsche, Französin, Elsässerin, Lothringerin – oder einfach nur Frau? Identitätskonzepte von Frauen an der Grenze zu Frankreich in Antwort auf die „Kriege der Männer“
Donnerstag, 21. November 2019
8.30 bis 9.10 Uhr
Eva Wiegmann (Duisburg-Essen): „Ich ist ein Anderer.“ Identitäre Krisen im Kontext von Migrationsgeschichten
9.10 bis 9.50 Uhr
Anne-Rose Meyer (Wuppertal): Identität und Identifizierung national – sozial – global: Ausweise und Pässe in der Literatur. Anna Seghers – Saul Friedländer – Louis Begley
9.50 bis 10.20 Uhr Kaffeepause
10.20 bis 11.00 Uhr
Nikola Keller (Freiburg im Breisgau): Aufklärerische (Anti-)Identitätsentwürfe und (trans-)nationale Gründungsmythen: Jakob Michael Reinhold Lenz’ „Der Neue Menoza oder Geschichte des cumbanischen Prinzen Tandi“ (1774)
11.00 bis 11.40 Uhr
Michael Steinmetz und Dominik Zink (Trier): Von Fichte zu Faust. Die Vermittlung von Identität und Differenz Goethes „Faust I“
11.40 bis 12.20 Uhr
Sikander Singh (Saarbrücken): Identität und Entität. Zu Annette von Droste-Hülshoffs Novelle „Die Judenbuche“
12.20 bis 13.30 Uhr Mittagspause
13.30 bis 14.10 Uhr
Rahel Stennes (Berlin): Nation durch Emanzipation. Jüdische Identität und deutscher Nationalismus bei Berthold Auerbach
14.10 bis 14.50 Uhr
Gudrun Heidemann (Łódź/Polen): Erschütterte Selbstverortungen an territorialen Rändern. Identitätskrisen in Dostojewskijs „Der Doppelgänger“ („Dvojnik“; 1846) und Stifters „Der Condor“ (1840)
14.50 bis 15.30 Uhr
Lilli Hölzlhammer (München): „Kehre bald zurück in das Vaterland, Du findest doch nicht das was Du suchst in der Fremde“: Der „Romantiker“ als Rohmaterial des „deutschen Volks“ bei Raabe und Scheffel
15.30 bis 16.00 Uhr Kaffeepause
16.00 bis 16.40 Uhr
Barbara Di Noi (Florenz/Italien): Heine und die Folgen: Die gebrochene jüdische Identität im magischen Medium der Sprache. Judentum als Medium der Moderne bei Kafka und Heine
16.40 bis 17.20 Uhr
Johannes Waßmer (Düsseldorf): Im Grenzland der Identität. René Schickeles „Das Erbe am Rhein“
17.20 bis 18.00 Uhr
Clemens Fuhrbach (Köln): Polyphone Identitätskonstruktion am Beispiel der Figur ‚Heinrich Böll‘
20.30 Uhr Abendvortrag
Gerhard Sauder (Saarbrücken): Herders neue Anthropologie: Identitäts-Bildung im „Zuge der Verwirklichung der Humanität“
Freitag, 22. November 2019
8.30 bis 9.10 Uhr
Fabienne Gilbertz (Luxembourg): Schriftstellerische Identitätsentwürfe im mehrsprachigen Luxemburger Literatursystem
9.10 bis 9.50 Uhr
Nils Lehnert (Kassel): Lost in (post-)modernism. Prekäre Identität(en) im Romanwerk Wilhelm Genazinos
9.50 bis 10.20 Uhr Kaffeepause
10.20 bis 11.00 Uhr
Philipp Hubmann (Zürich/Schweiz): Bettina von Arnim goes Pop. Thomas Meineckes Gender-Roman „Selbst“ als entangled history
11.00 bis 11.40 Uhr
Hermann Gätje (Saarbrücken): Entfremdung und Identität im „Heimat“-Roman der Gegenwart. Raphaela Edelbauer „Das flüssige Land“ (2019) und Reinhard Kaiser-Mühlecker „Enteignung“ (2019)
11.40 bis 12.00 Uhr Abschlussdiskussion
organisiert von Professor Dr. Sikander Singh (s.singh@sulb.uni-saarland.de) und Dr. Hermann Gätje (h.gaetje@sulb.uni-saarland.de), Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass der Universität des Saarlandes, gefördert durch das Ministerium für Bildung und Kultur des Saarlandes