CfP/CfA Veranstaltungen

Politische Ideen in der Literatur (1800–2000) (15.09.2022)

Beginn
13.01.2023
Ende
13.01.2023
Deadline Abstract
15.09.2022

Workshop am Deutschen Seminar der Universität Tübingen
13. Januar 2023

Organisation: Dr. Max Roehl

Die Veranstaltung wird unterstützt durch die Projektförderung für Postdocs der Tübinger Exzellenzstrategie.

Thema

Das Thema des Workshops ist die Reflexion von Ideen der politischen Theorie und Philosophie in der neueren Literatur. Literatur greift die politischen Leitideen vom Idealstaat, vom Gesellschaftsvertrag und Naturzustand, von der Souveränität, der Staatsräson und der Realpolitik, von Nation und Volk, Krieg und Frieden u.v.m. auf und denkt mit ihnen im Modus der anschaulichen Darstellung weiter. Nicht (nur) politisch engagierte Literatur im engeren Sinne ist Gegenstand des Workshops, sondern das Verhältnis der literarischen Tradition zur politischen Ideengeschichte. Mit ihrem Vermögen zu Figurenbildung, Narrativierung und Individualisierung kann die Literatur politische Ideen, Herrschaftskonzeptionen und Staatsutopien kritisch durchspielen und ihre Paradoxien und Konsequenzen im Rahmen einer Handlung anschaulich darstellen. Platon, Aristoteles, Machiavelli, Hobbes, Rousseau sind nur einige wirkmächtige Figuren der politischen Ideengeschichte, deren Bilder und Konzepte auch in der Literatur verarbeitet werden – in Form politischer Zoologie (Bühler 2013; Kling 2016, 2019), in Form der Darstellung historischer Übergangsphasen, in Form eines fiktionalen Durchspielens von Konflikten. Politische Ideen können so in der Literatur menschlich konkretisiert, satirisch behandelt oder ins Allgemeine und Exemplarische gewendet werden.

Königsdrama, Staatsroman, politische Lyrik, Satire, historische Novelle, um nur einige zu nennen – die Gattungen und Genres, die politische Ideen in der Literatur verhandeln, sind vielgestaltig (z.B. Lamping 2008; Kaul/Kohns 2012; Leucht 2016; Dolgoy/Hale/Peabody 2019; Meid 2021). Der Workshop fragt nach den Bildern, Figuren und Narrativen, mit denen literarische Texte politische Ideen veranschaulichen und reflektieren, nach dem Verhältnis von politischen Ideen und Poetik.

Dem Politischen in der Gegenwartsliteratur sind jüngst einige Publikationen gewidmet worden (Neuhaus/Nover 2019, Hampel 2021). Ebenso ist der Konnex von Politik und Literatur in der frühen Neuzeit als Entstehungszeit des neuzeitlichen politischen Denkens (Münkler 2007 [1982]) Gegenstand weitreichender Forschungen (u.a. Beise 2010, Burkard 2011, Bühler 2013). Der Workshop soll die Verhandlung politischer Ideen in der Literatur für den Zeitraum 1800–2000 in systematischer Hinsicht erschließen und damit noch bis in unsere Gegenwart reichende oder sich nun ihrerseits im Umbruch befindende politische Modernisierungsprozesse thematisieren. Theorieentwürfe und Einzellektüren sind möglich. Komparatistische Beiträge sind willkommen.  

Beiträge sind wünschenswert zu:

  • Transformationen der literarischen Darstellung bestimmter politischer Ideen
  • den Funktionen und Wirkpotentialen der literarischen Verhandlung politischer Ideen
  • zentralen Metaphoriken politischen Gehalts in der Literatur (z.B. Staatsschiff, Turm, Stadt)
  • den literarischen Gattungen und Schreibweisen, die politische Ideen verhandeln
  • den Bildern und Figuren, die der Literatur zur Inszenierung und Verhandlung von Herrschaftsmodellen dienen
  • politisch begründeten Poetiken von Autorinnen und Autoren
     

Format

Die Vorträge sind auf eine Länge von 20 Minuten beschränkt. An je zwei Vorträge schließt eine Diskussion an. Beitragsvorschläge können auf Deutsch und Englisch eingereicht werden. Die Möglichkeit zur hybriden Teilnahme ist, sofern kurzfristig erforderlich, gegeben. Kosten für Übernachtung und Anreise werden im üblichen Rahmen übernommen. Eine zeitnahe Publikation der Beiträge ist angedacht.

Beitragsvorschläge (ca. eine Seite plus Kurzbiographie) aus den Neueren Philologien sind bis zum 15. September 2022 zu senden an:

Dr. Max Roehl
E-Mail: max.roehl@uni-tuebingen.de

Auswahlbibliographie

Barck, Karlheinz; Richard Faber (Hg.): Ästhetik des Politischen – Politik des Ästhetischen. Würzburg 1999.

Beise, Arnd: Geschichte, Politik und das Volk im Drama des 16. bis 18. Jahrhunderts. Berlin/New York 2010.

Bühler, Benjamin: Zwischen Tier und Mensch. Grenzfiguren des Politischen in der Frühen Neuzeit. München/Paderborn 2013.

Burkard, Thorsten; Markus Hundt; Steffen Martus; Claus-Michael Ort (Hg.): Politik – Ethik – Poetik. Diskurse und Medien frühneuzeitlichen Wissens. Berlin 2011.

Dolgoy, Erin A.; Kimberly Hurd Hale; Bruce Peabody (Hg.): Short Stories and Political Philosophy. Power, Prose, and Persuasion. Lanham u.a. 2019.

Eke, Norbert Otto; Bernd Füllner (Hg.): Das Politische und die Politik im Vormärz. Forum Vormärz Forschung. Jahrbuch 2015. 21. Jg. Bielefeld 2016.

Feldmann, Doris: Politik und Fiktion. Die Anfänge des politischen Romans in Großbritannien im neunzehnten Jahrhundert. München 1995.

Festl, Michael G.; Philipp Schweighauser (Hg.): Literatur und Politische Philosophie. Subjektivität, Fremdheit, Demokratie. Paderborn 2018.

Frischmuth, Agatha: Nichtstun als politische Praxis. Literarische Reflexionen von Untätigkeit in der Moderne. Bielefeld 2021.

Frühsorge, Gotthardt: Der politische Körper. Zum Begriff des Politischen im 17. Jahrhundert und in den Romanen Christian Weises. Stuttgart 1974.

Grabbe, Katharina; Sigrid G. Köhler; Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.): Das Imaginäre der Nation. Zur Persistenz einer politischen Kategorie in Literatur und Film. Bielefeld 2012.

Hahn, Torsten: Fluchtlinien des Politischen. Das Ende des Staates bei Alfred Döblin. Köln/Weimar/Wien 2003.

Hampel, Anna: Literarische Reflexionsräume des Politischen. Neuausrichtungen in Erzähltexten der Gegenwart. Berlin/Boston 2021.

Hanuschek, Sven; Therese Hörnigk; Christine Malende (Hg.): Schriftsteller als Intellektuelle. Politik und Literatur im Kalten Krieg. Tübingen 2000.

Kaul, Susanne; Oliver Kohns (Hg.): Politik und Ethik der Komik. München/Paderborn 2012.

Kling, Alexander: Unter Wölfen. Geschichten der Zivilisation und der Souveränität vom 30-jährigen Krieg bis zur Französischen Revolution. Freiburg i. Br./Berlin/Wien 2019.

Kling, Alexander: Die Tiere der politischen Theorie, in: Roland Borgards (Hg.): Tiere. Kulturwissenschaftliches Handbuch. Stuttgart 2016, S. 97–110.

Kramer, Sven (Hg.): Das Politische im literarischen Diskurs. Studien zur deutschen Gegenwartsliteratur. Opladen 1996.

Lake, Peter: How Shakespeare Put Politics on the Stage. Power and Succession in the History Plays. New Haven/London 2016.

Lamping, Dieter: „Wir leben in einer politischen Welt“. Lyrik und Politik seit 1945. Göttingen 2008.

Leucht, Robert: Dynamiken politischer Imagination. Die deutschsprachige Utopie von Stifter bis Döblin in ihren internationalen Kontexten, 1848–1930. Berlin/Boston 2016.

Lubkoll, Christine; Manuel Illi; Anna Hampel: Politische Literatur. Begriffe, Debatten, Aktualität. Stuttgart 2018.

Meid, Christopher: Der politische Roman im 18. Jahrhundert. Systementwurf und Aufklärungserzählung. Berlin/Boston 2021.

Moore, Andrew: Shakespeare between Machiavelli and Hobbes. Dead Body Politics. Lanham u.a. 2016.

Münkler, Herfried: Machiavelli. Die Begründung des politischen Denkens der Neuzeit aus der Krise der Republik Florenz. 2. Auflage. Frankfurt/Main 2007 [1982].

Neuhaus, Stefan; Immanuel Nover (Hg.): Das Politische in der Literatur der Gegenwart. Berlin/Boston 2019.

Nover, Immanuel: Die Tat als Aushandlung des Politischen. Zur Logik des Politischen in der deutschsprachigen Literatur von 1773 bis 2014. Berlin/Boston 2022.

Nünning, Ansgar; Vera Nünning; Birgit Neumann (Hg.): The Aesthetics and Politics of Cultural Worldmaking. Trier 2010.

Roehl, Max: Der abwesende Souverän. Zum Politischen im Werk Friedrich Dürrenmatts. Bielefeld 2021.

Strelka, Joseph P.: Literatur und Politik. Beispiele literaturwissenschaftlicher Perspektiven. Frankfurt/Main u.a. 1992.

Twellmann, Marcus: Das Drama der Souveränität. Hugo von Hofmannsthal und Carl Schmitt. München 2004.

Warakomska, Anna: Die Wechselwirkungen zwischen der deutschen Literatur und Politik in der Zeit des bürgerlichen Realismus. In: Studia niemcoznawcze 34 (2007), S. 281–292.

   

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literaturgeschichtsschreibung (Geschichte; Theorie), Literaturtheorie, World Literature/Weltliteratur, Literatur des 19. Jahrhunderts, Literatur des 20. Jahrhunderts
Literatur und Politik

Ansprechpartner

Einrichtungen

Eberhard Karls Universität Tübingen
Deutsches Seminar/Internationale Literaturen
Beitrag von: Max Roehl
Datum der Veröffentlichung: 29.07.2022
Letzte Änderung: 29.07.2022