CfP/CfA Veranstaltungen

Kosmische Räume. All-Imaginationen in der kulturellen Landschaft zwischen 1880 und 1920

Beginn
28.01.2022
Ende
29.01.2022
Deadline Abstract
30.04.2021

CFP: Kosmische Räume. All-Imaginationen in der kulturellen Landschaft zwischen 1880 und 1920 (28./29.01.2022)

Tagung am 28./29.01.2022 in Münster

Organisation: Katharina Scheerer (Universität Münster), Sophie-C. Hartisch (Universität Köln)

 

Die Jahrhundertwende (1900) markiert nicht nur den zeitlichen Übertritt in das, was man gemeinhin ‚Moderne‘ nennt, sondern auch eine exponiert räumliche Veränderung, die sich unter anderem in derExpansion wirklicher und möglicher Erfahrungsräume niederschlägt. Was sich im Laufe des 19. Jahrhunderts mit der Eisenbahn, ersten Flugmaschinen, Strom- und Telegraphennetzen abzeichnet, nimmt im frühen 20. Jahrhundert wortwörtlich an Fahrt auf: die Beherrschung des Raumes, im Besonderen des Luftraumes. Neue mediale Voraussetzungen, eine außerordentliche Akkumulation neuer physikalischer, insbesondere astronomischer Erkenntnisse sowie die populärwissenschaftliche Distribution ebendieses Wissens, aber auch ein erneutes Aufblühen der Astrologie und des Spiritismus schaffen einen Rahmen, in welchem kosmische Welten entworfen, ergründet und literar-ästhetisch verarbeitet werden. Dass sich die daraus hervorgehenden Vorstellungen nicht an den vermeintlichen Grenzen einer irdischen Perspektive stören, liegt unter anderem darin begründet, dass diese All-Imaginationen seit der Jahrhundertwende durch fotografische Aufnahmen von weitentfernten Galaxien und Planeten befeuert werden. So ist es kein Zufall, dass in ebenjenen Zeitraum die Gründungsphase der modernen deutschen Science-Fiction fällt. Literarische Imaginationen von Allflügen und der Erkundung fremder Planeten gibt es seit der Antike, doch kehrt diese Faszination um 1900 unter anderen Vorzeichen zurück. 

 

Dies gilt insbesondere für die Unterhaltungsliteratur. Autoren wie Hans Dominik, Carl Grunert, Kurd Laßwitz und Friedrich Wilhelm Mader publizieren eine Vielzahl von Texten in Knaben- und Groschenromanen, die Motive wie Kontakte mit anderen Planeten, kosmische Katastrophen und technisch-utopische Fantasien aufweisen. Aber auch die hochliterarischen Avantgarden, wie die Expressionisten, veröffentlichen Texte, die diese Motive bedienen (bspw. Lesabéndio (Scheerbart), Berge Meere und Giganten (Döblin)). Es entsteht eine umfangreiche und qualitativ heterogene Landschaft von utopischen und dystopischen Zukunftsromanen, Abenteuer- und technisch-politischer Literatur.  

Das Spektrum dieser Texte reicht von populärwissenschaftlichen Werken (vgl. Camille Flammarion, Percival Lowell, Bruno Bürgel, Edmund Weiß, Wilhelm Bölsche), die ihren Leser:innen naturwissenschaftliches Wissen in leicht konsumierbarer Manier vermitteln wollen, bis hin zu fiktiven Erzählungen, die (versuchen) sich von erdähnlichen Vorstellungen zu lösen, um im Weltall das radikal Neue aufzuspüren.  

Die Tagung „Kosmische Räume. All-Imaginationen in der kulturellen Landschaft zwischen 1880 und 1920“ widmet sich diesem Spektrum und möchte dabei unter anderem die folgenden Fragen in den Blick nehmen:

  1. Wie wird der kosmische Raum bereist und erschlossen? Wird die Reise ins All naturwissenschaftlich hergeleitet (technische Innovationen/nicht-euklidische Geometrie etc.) oder ist sie fantastischen Ursprungs? Welche unterschiedlichen Darstellungsverfahren zeitigt dies?
  2. Welche medialen Interdependenzen (Kino, Fotografie, Malerei, Literatur, Theater etc.) lassen sich nachweisen? 
  3. Welche (utopischen oder dystopischen) Erwartungen sind mit der Raumfahrt und dem Erkunden/der Invasion der Planeten ggf. verbunden? Leisten sie einen Beitrag zu sozialgeschichtlichen oder politischen zeitgenössischen Fragestellungen? 
  4. Ist im Weltraum wirklich ‚das Neue‘ zu finden oder projizieren Autor:innen lediglich irdische Vorstellungen auf ferne Planeten? Welchen Stellenwert nimmt in diesem Kontext die Reproduktion geschlechtlicher und rassistischer Stereotype ein?
  5. Welche kultur- und motivgeschichtliche Rolle spielen englisch- und französischsprachige Vorläufer wie die Werke von Jules Vernes und H. G. Wells für die deutschsprachige Literatur?
  6. Inwiefern schreibt sich der Spiritismus in die Texte ein? Welche Verbindungen lassen sich zum Panpsychismus (oder der Allbeseelungslehre der Natur i.S.v. Gustav Theodor Fechner) ziehen?
  7. Inwieweit ist diese ins Kosmische ausgreifende Literatur an eine bestimmte Gattung, beispielsweise der Prosa, gebunden? Wie gehen Lyrik und Dramatik mit dem neu zu erschließenden Raum um? Entwerfen und reflektieren sie gattungseigene „kosmische“ Darstellungsverfahren und poetologisch-epistemologische Fragestellungen?

  

Als Tagungsbeiträge sind Vorträge von 20 Minuten angedacht. Des Weiteren wird es zwei Workshops, geleitet von einschlägigen Professoren, zu den Texten Paul Scheerbarts, Kurd Laßwitz‘ und Carl Grunerts geben. Für den Abend des 28.1.2022 ist ein Abendvortrag von Prof. Dr. Hania Siebenpfeiffer geplant.

Willkommen sind Beiträge zu den aufgelisteten Punkten, aber auch darüber hinaus, solange sie thematisch einschlägig sind. Interessierte schicken bitte Vorschläge mit Titel und Abstract des geplanten Vortrags im Umfang von maximal 250 Wörtern bis zum 30. April 2021 an: s.hartisch@uni-koeln.de und katharina.scheerer@uni-muenster.de

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur und Kulturwissenschaften/Cultural Studies, Literatur und Naturwissenschaften, Literatur des 19. Jahrhunderts, Literatur des 20. Jahrhunderts
Kosmos

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Einrichtungen

Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU)

Adressen

Münster
Deutschland
Datum der Veröffentlichung: 26.02.2021
Letzte Änderung: 26.02.2021