CfP/CfA Veranstaltungen

Der Balkan: ein Labor für transnationale Literaturen? (Tours)

Beginn
25.05.2023
Ende
26.05.2023
Deadline Abstract
01.10.2022

Tagung in Tours (F), 25.05. – 26.05.2023

Daniel BARIC (Sorbonne Université Paris) und Emmanuelle TERRONES (Universität Tours)

 

Der Balkan als Erbe des Osmanischen, Habsburgischen, Napoleonischen und Russischen Reiches und somit als Schnittstelle zwischen Orient und Okzident ist „geografisch untrennbar mit Europa verbunden, kulturell aber als sein ,inneres Anderes‘ konzipiert“ (Todorova 1997). Als solches bringt er immer wieder Mythen, Erzählungen und Projektionen hervor, die es schwierig machen, ihn als Einheit zu begreifen. Davon ausgehend, dass die imperialen Hinterlassenschaften viele „ungenutzte Möglichkeiten für Pluralität und Differenzen“ (Previšić 2017) darstellen, kann man sich fragen, inwiefern solche Möglichkeiten in der Literatur heute wieder reaktiviert werden.

Der Balkan als Sprachraum ist zumindest bis in die Zeit des byzantinischen Einflusses zurückzuverfolgen (Alexander 1983). Wie steht es aber im 21. Jahrhundert, bzw. nach den (post-)jugoslawischen Kriegen, um die Sprachen und Literaturen dieser Region und um das Netzwerk, das sie untereinander bilde(te)n? Kann man so weit gehen, den Balkan aufgrund seiner ethnischen, religiösen und politischen Vielfalt als ein Laboratorium zu betrachten, in dem heute transnationale Literaturformen erprobt werden? Wenn es „aus verschiedenen Gründen schwierig ist, einen transnationalen Raum zu bilden, der eine Reflexion zur zeitgenössischen Welt möglich macht“ (Madelain 2019), tragen die Literaturen dann vielleicht dazu bei, einen solchen Raum zu schaffen? Und bieten sie dabei Alternativen zu nationalen Diskursen?

Das Verhältnis zur deutschen Sprache erweist sich in dieser Hinsicht als besonders vielschichtig. Einerseits, weil viele Vertreter_innen der jugoslawischen Diaspora in deutschsprachigen Ländern – wie Marica Bodrožić, Saša Stanišić oder Melinda Nadj Abonji – heute in deutscher Sprache schreiben und dabei diesen vielfältigen Raum in einem solchen Maß überdenken, dass man sich über einen möglichen „Balkan Turn“ (Previšić 2009) Gedanken machen kann. Andererseits ist bei einigen Schriftstellern der Wunsch erkennbar, einer verschwundenen deutschen Sprache und Vergangenheit nachzuspüren, wie es beispielsweise der kroatische Schriftsteller Slobodan Šnajder (2015) tut. Zwar wird dadurch die Zugehörigkeit zu Europa betont, aber das Verhältnis zur deutschen Sprache und Literatur lässt den Balkan gleichzeitig als Peripherie zu einem (in diesem Fall deutschen) Zentrum erscheinen. Welche neuen Vorstellungen und Projektionen entstehen in der Literatur dieses „Kaleidoskops bewegter Kulturen“ (Car 2014) angesichts der komplexen Beziehungen zwischen Innen- und Außenperspektive, Selbst- und Fremdwahrnehmung? Inwiefern kann dabei Literatur als „globales Phänomen“ (Casanova 1999) neu analysiert werden? Und wenn das Transnationale „als Begriff verstanden werden kann, der der Verbindung von lokaler, nationaler, postnationaler und supranationaler Dimension einen Sinn verleiht“ (Coignard, Portes 2021), inwiefern trifft es auf den Balkan und seine Literaturen zu?

 

Die Tagung wird Germanisten, Slawisten, Komparatisten, Autoren und Übersetzer zusammenbringen und anhand der verschiedenen Literaturen, einzelner Autoren und Werke, die sich mit dem Balkan – auch in komparativer Perspektive – auseinandersetzen, der Frage nachgehen, inwiefern sich dort ein transnationaler literarischer Raum entwickelt, der auch dazu beitragen kann, neue und originelle Formen der Literatur festzumachen.

 

Die Arbeitssprache ist Deutsch. Eine Publikation der Beiträge in Form eines Sammelbands ist geplant. Reise- und Übernachtungskosten werden nicht übernommen. Sollten die Kosten eine Hürde für die Teilnahme darstellen, so lassen Sie uns das gerne wissen.

 

Vorschläge (mit Beitragstitel, Abstract von 10-20 Zeilen und kurzer biobibliografischer Notiz) richten Sie bitte bis zum 1. Oktober 2022 an: 

 

Daniel Baric: daniel.baric@sorbonne-universite.fr

Emmanuelle Terrones: emmanuelle.terrones@univ-tours.fr

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur aus Deutschland/Österreich/Schweiz, Südosteuropäische Literatur (Albanien, Balkanstaaten, Bulgarien, Griechenland, Rumänien, Türkei)

Links

Ansprechpartner

Einrichtungen

Université François-Rabelais de Tours
Université Paris-Sorbonne

Adressen

Tours
Frankreich
Datum der Veröffentlichung: 25.07.2022
Letzte Änderung: 25.07.2022